Das Bundesheer bekommt im kommenden Jahr um gut 680 Millionen Euro mehr, die vorgesehene Steigerung im Jahr 2024 beträgt weitere 410 Millionen, in den Folgejahren werden noch einmal 400 und dann noch einmal 511 Millionen draufgelegt.

Das Bundesheer bekommt im kommenden Jahr um gut 680 Millionen Euro mehr.
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Das klingt nach einer massiven Nachrüstung – aber wie das in Österreich nun einmal so ist, wird das alles gleich einmal klein- und schöngerechnet. Da ist zunächst einmal das Faktum, dass auch die für 2023 budgetierten 3,3 Milliarden Euro Verteidigungsbudget nicht annähernd einem Prozent der prognostizierten 468 Milliarden Euro Bruttoinlandsprodukt des kommenden Jahres entsprechen werden. Ein Prozent des BIP für Landesverteidigung auszugeben war aber die lange geforderte und nach dem russischen Überfall auf die Ukraine von den verschreckten Politikern auch angepeilte Marke. Daher besann sich die ÖVP einer angeblich seit Jahrzehnten angewendeten – politisch aber nie kommunizierten – Argumentation: Als Verteidigungsausgaben müsste eben nicht nur das Heeresbudget, sondern auch die Pensionsleistungen an ehemalige Heeresangehörige gerechnet werden. Dann käme man schon auf das eine Prozent.

Fragt man im Finanzministerium, wie hoch diese Pensionsaufwendungen denn seien, kommt der höfliche Hinweis, dass dies so nicht berechnet werden könne – das Verteidigungsministerium habe die Zahlen. Hat es nicht, wie eine Rückfrage ebendort ergibt.

Fazit: Statt den Erfolg einer Budgeterhöhung feiern zu können, müssen sich Ex-Offizier Karl Nehammer und seine zuständigen Ressortminister mit dem Vorwurf herumschlagen, das Einprozentziel beim Militärbudget verfehlt zu haben und das nachträglich schönreden zu wollen.

Komplizierte Käufe

Dabei sind 680 Millionen Euro ja nicht wenig Geld – es ist etwa doppelt so viel, wie die Beschaffung der 18 italienischen Hubschrauber kosten wird. Wer die langwierigen Verfahren bei Rüstungsgüterkäufen kennt, sieht sofort ein weiteres Problem: 680 Millionen kann man nur mit Mühe in einem Jahr sinnvoll ausgeben. Jeder Kauf muss ja geplant, begründet und mit allerlei Kontrollen abgewickelt werden.

Dabei besteht immer das Risiko, dass Korruptionsvorwürfe erhoben werden, weshalb lieber noch und noch Pro- und Kontra-Argumente gesammelt werden – was den Kauf nicht transparenter macht, sondern im Gegenteil die Fantasie der Kritiker beflügelt. Dazu kommt, dass auch der sauberste Kauf komplizierter Militärgeräte nicht so einfach ist, wie wenn unsereins in ein Autohaus geht, um ein Familienauto zu beschaffen; und dass dann immer noch jemand die Grundsatzfrage stellen wird, wozu man dies oder das überhaupt braucht.

Auch hier hat die Kommunikation in den letzten Jahren versagt: Es gibt ja genügend Konzepte, aus denen sich der Bedarf des Bundesheers ableiten ließe. Diese Ableitung auch populär zu machen wäre Aufgabe der leider vernachlässigten geistigen Landesverteidigung. (Conrad Seidl, 7.10.2022)