Überraschend kam für SPÖ-Fraktionsvorsitzenden Kai Jan Krainer offenbar die Absage der Neos für eine Verlängerung des Ausschusses.

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Wien – Dass die Neos gegen eine Verlängerung des ÖVP-Korruptions-Untersuchungsausschusses sind, sorgt bei den anderen Oppositionsparteien offensichtlich für Verwunderung. Er habe den Eindruck, dass sich die Neos "der ÖVP andienen", meinte FPÖ-Fraktionsführer Christian Hafenecker am Samstag. SPÖ-Fraktionschef Kai Jan Krainer bedauerte, dass die Neos "den gemeinsamen Weg der Aufklärung verlassen". Auch die Grünen sind nicht begeistert und würden gern noch den "Kuschelkurs mit Putin von Kurz & Co." untersuchen.

Neos-Fraktionsführerin Stephanie Krisper hatte gegenüber der "Kleinen Zeitung" angekündigt, dass ihre Fraktion eine Verlängerung des U-Ausschusses "nicht unterstützen" werde. Krisper argumentierte, dass das Problem nun ohnehin klar sei – "anstatt noch mehr Einzelfälle im U-Ausschuss abzuhandeln", sollte man nun die Zeit für Reformen nutzen, forderte sie. Ohne die Neos, die Teil jener Fraktionen waren, die den Ausschuss eingesetzt haben, ist eine Verlängerung nicht möglich. Die letzten Befragungen von Auskunftspersonen werden also am 7. Dezember stattfinden.

Hafenecker hat vom Ende des Ausschusses laut eigenen Angaben aus Medien erfahren.
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Hafenecker: Neos dienen sich der ÖVP an

Mit den anderen Fraktionen war dies offenbar nicht abgesprochen: "Ich finde es eigenartig, dass man das nicht unter Kollegen bespricht, sondern dass man das über die Medien erfahren muss", sagte Hafenecker. "Ich bin schon der Meinung, dass es noch viele Dinge aufzuklären gäbe", etwa im Bereich des Innenministeriums, aber auch der Justiz. "Ich habe den Eindruck, dass sich die Neos langsam aber sicher der ÖVP andienen – das muss man zur Kenntnis nehmen", meinte Hafenecker. Die FPÖ werde jedenfalls bis Dezember noch ihre ganze Energie in den Ausschuss stecken und die Aufklärungsarbeit ordentlich fortsetzen.

"Ich finde es sehr schade, dass die Neos den gemeinsamen Weg der Aufklärung verlassen", ließ SPÖ-Fraktionsführer Krainer auf Twitter wissen. "Wir machen jedenfalls weiter. Auch wenn es schwieriger wird."

Tomaselli will "Kuschelkurs mit Putin" analysieren

Ebenfalls nicht begeistert zeigte sich Grünen-Fraktionsführerin Nina Tomaselli. "Aus unserer Sicht bestand das Rezept der großen Täuschung durch Sebastian Kurz und seinen Machtzirkel aus drei Grundzutaten: Gefakte Umfragen, die mittels mutmaßlicher Inseratenkorruption unters Volk gebracht wurden, Spezialbehandlung für superreiche Freunde und Postenschacher im großen Stil", zeigte sich Tomaselli einmal mehr angriffig gegenüber dem Koalitionspartner. "Der ÖVP-Korruptions-Untersuchungsausschuss hat zahlreiche Belege für die große Täuschung des Sebastian Kurz in den Akten finden und belegen können", betonte sie. Bis Dezember könne man sicher einzelne Kapitel abschließen.

Will den Ausschuss weiterführen: Nina Tomaselli von den Grünen.
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Im Laufe des U-Ausschusses seien aber noch Fragen dazu gekommen, meinte Tomaselli, am drängendsten davon sei "der Kuschelkurs mit Putin von Kurz & Co., der die unerträgliche Abhängigkeit von russischem Gas massiv verschärft hat". Wenn der aktuelle Untersuchungsausschuss beendet werde, würden die Grünen jedenfalls einen neuen Russland-U-Ausschuss "sehr begrüßen", erklärte Tomaselli, "um die politische Verantwortung für die derzeitige Energiemisere klären zu können".

Der U-Ausschuss zur Klärung von Korruptionsvorwürfen gegen ÖVP-Regierungsmitglieder ist im Dezember 2021 von SPÖ, FPÖ und Neos eingesetzt worden. Die Dauer des U-Ausschusses ist laut Verfahrensordnung grundsätzlich auf 14 Monate begrenzt, eine zweimalige Verlängerung um jeweils drei Monate ist möglich. Nach dem Abschluss der Zeugenbefragungen werden Berichte erstellt – mit der Vorlage an den Nationalrat ist der Ausschuss dann beendet. (APA, red, 8.10.2022)