Der Anfang vom Ende des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine wurde schon des Öfteren ausgerufen. Zuallererst nach dem missglückten Versuch, zu Beginn des Krieges Kiew unter Kontrolle zu bekommen. Dann nach den massiven ukrainischen Geländegewinnen, den russischen Protesten nach der Teilmobilmachung und jetzt auch wieder nach der Explosion auf der Kertsch-Brücke, die von der Bedeutung her gleichgesetzt wird mit der Versenkung des russischen Kriegsschiffs Moskwa im April. In den sozialen Medien war an diesem Wochenende sogar von einem Putsch in Moskau die Rede. Zu Letzterem gibt es aktuell allerdings keinerlei seriöse Quellen.

Zerstörtes Wohngebäude in Saporischschja, Ukraine.
Foto: REUTERS/Stringer

Russland gerät militärisch zunehmend in die Defensive, ja. Schadenfreude, Hohn und Spott oder gar die Hoffnung auf ein baldiges Ende sind jedoch nicht angebracht. Russland besetzt nach wie vor fast 20 Prozent der Ukraine. Und am Vorabend des ukrainischen Winters bestehen für Moskau zahlreiche Möglichkeiten der strategischen Kriegsführung abseits der atomaren Eskalation. Die Russen können schwere Schäden an der ukrainischen Infrastruktur verursachen. Auch wenn die russische Militärtechnik nicht so professionell ist wie befürchtet und die Moral der Truppen nach sechs Monaten massiv leidet: Der Krieg dürfte noch lange dauern. Eine militärische Konfrontation kann nur enden, wenn es Lösungen oder einen Sieger gibt. Beides ist derzeit nicht in Sichtweite. (Manuela Honsig-Erlenburg, 9.10.2022)