Dominik Wlazny war die durchaus positive Überraschung dieses Wahlkampfs.

Foto: APA/Die Bierpartei/Philipp Hirtenleh

Auf Tiktok war er der Kandidat der Herzerln, seine Straßenwahlkämpfe hatten oft etwas von Rockkonzerten – Austrorock halt, vielleicht auch Punk, aber immerhin. Sein kokett verschämtes Geständnis im "ZiB 2"-Interview, er habe vielleicht doch zweimal in seinem Leben Gras geraucht, ging viral und entzückte vor allem junge Wähler. Dominik Wlazny war die durchaus positive Überraschung dieses an Skurrilitäten und Absurditäten wahrlich nicht armen Wahlkampfs. Mehr noch: Man muss Wlazny dankbar sein.

Er hat die These widerlegt, dass sich junge Menschen von Politik und Politikern höchstens noch punktuell ansprechen lassen, um "für das Klima" zu sein oder "gegen Abschiebungen". Wlazny hat mit betonter Lockerheit, aber inhaltlich großer Ernsthaftigkeit Themen angesprochen, die junge Menschen ganz offensichtlich bewegen: die Klimakrise, klar, aber auch den Kampf gegen die Teuerung, den verstärkten Ausbau alternativer Energie und auch die Behebung des Pflegenotstands.

Weckruf für etablierte Parteien

Dass all dies eigentlich eher einem Wahlprogramm für eine Nationalrats- als für die Bundespräsidentschaftswahl entsprach – die Jungen kümmerte das wenig. Jeder fünfte Wahlberechtigte unter 29 Jahren hat ihm seine Stimme gegeben, Wiener Jungwählerinnen und Jungwähler haben ihn laut Hochrechnungen sogar auf den zweiten Platz vor FPÖ-Kandidat Walter Rosenkranz katapultiert. Das ist ein Achtungsergebnis – es ist aber auch ein Weckruf für die etablierten Parteien.

Sie schaffen es offensichtlich immer weniger, junge Menschen anzusprechen, geschweige denn, sie an sich zu binden. Denn auch Wlazny war bei dieser Wahl, wie die anderen fünf Herausforderer Alexander Van der Bellens, ein Kandidat gegen das "Establishment". Auch er kritisierte "das System", indem er etwa einen Eignungstest für angehende Minister und Ministerinnen forderte. Dennoch, auch hier zeigte er mehr Verantwortung als so manch anderer: Er betonte stets, er werde keinesfalls "die Regierung absetzen", wie das etwa FPÖ-Kandidat Rosenkranz, Gerald Grosz oder auch Tassilo Wallentin sofort nach ihrem Amtsantritt tun wollten. Als Bezirksrat der Bierpartei und Arzt impfte er in der Hochphase der Pandemie auch selbst Menschen – anders als rechte "Systemgegner", die allesamt ins Impfverweigerer- und Verschwörungstheoretiker-Eck abdrifteten.

Grantiges VdB-Lager

Wlazny hat sich noch nicht festgelegt, ob er bei künftigen Wahlen antreten will. Politikbeobachter glauben fest daran, und auch die Konkurrenz bei der Bundespräsidentschaftswahl hat die Botschaft verstanden und ihn durchaus ernst genommen. Das zeigte sich etwa bei der ziemlich grantigen Reaktion des Van-der-Bellen-Teams auf sein Antreten: "Wer mit Pogo sauft, wacht mit Rosenkranz auf" – ein solcher Spruch grenzt schon fast an Dirty Campaigning und ist ziemlich erstaunlich für einen amtierenden Präsidenten.

Tatsächlich sollte vor allem das politische Lager links der Mitte einer Kandidatur des Jungpolitiker durchaus offen gegenüberstehen. Man könnte es ja auch so sehen: Dominik Wlazny alias Marco Pogo wird SPÖ und Grünen wahrscheinlich weniger Stimmen wegnehmen, als er insgesamt zusätzliche Wählerinnen und Wähler anspricht. Nämlich jene Jungen, die sonst nicht zur Wahl gehen würden, weil sie "die Politik", wie sie sich derzeit präsentiert, nicht ertragen. Weil sie kein Vertrauen mehr in etablierte Parteien haben. Vielleicht gelingt es Pogo, diese jungen Menschen wieder zu interessieren, vielleicht auch, sie zu begeistern für eine andere Politik. Die sollte er freilich inhaltlich noch ein wenig konsistenter ausgestalten. (Petra Stuiber, 10.10.2022)