In den Ausbau und die Modernisierung von Beschneiungsanlagen wurden alleine in den letzten zehn Jahren 1,1 Milliarden Euro investiert.

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Ein Winter wie damals soll es werden: ohne große Corona-Einschränkungen, mit viel Schnee, perfekt präparierten Pisten sowie offenen Hütten. Das ist nicht nur der Wunsch vieler Skibegeisterter, sondern auch zahlreicher Branchen vom Tourismus bis hin zur Seilbahnwirtschaft, die direkt und indirekt am Skisektor hängen. Während der Altweibersommer laut Prognosen kommende Woche in die Verlängerung geht und es selbst in Gebieten über 3000 Meter Seehöhe deutliche Plusgrade geben dürfte, haben zahlreiche Skigebiete abseits der Gletscher schon voraussichtliche Saisoneröffnungsdaten genannt. In Obertauern etwa soll es am 25. November losgehen.

Um angesichts des voranschreitenden Klimawandels und wärmerer Winter Planungssicherheit zu haben und den Gästen Schneegarantie versprechen zu können, verlassen sich Skigebiete immer mehr auf Kunstschnee. Tausende Schneeerzeuger stehen parat und werden bei entsprechend niedrigen Temperaturen aus allen Rohren feuern. Auf einigen Gletscherskigebieten waren schon vor einem Monat Schneekanonen in Betrieb, um die Herbstsaison abzusichern.

Wie wichtig das Thema Beschneiung geworden ist, belegen Daten der Wirtschaftskammer: In den letzten zehn Jahren wurden österreichweit alleine in diesem Bereich 1,1 Milliarden Euro in den Ausbau und die Modernisierung investiert. 70 Prozent der heimischen Pisten sind laut Seilbahnwirtschaft beschneibar. Im Verbund Ski Amadé in Salzburg sind es etwa 90 Prozent der Pistenflächen.

70 Prozent der heimischen Pisten sind nach Angaben der Wirtschaftskammer beschneibar.
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Keine Details zur Anzahl der Schnee-Erzeuger

Wie viele Schneekanonen genau neben den Pisten stehen, ist aber weder dem Fachverband der Seilbahnen in der Wirtschaftskammer noch dem Umweltministerium bekannt. "Auch wir können uns nur auf einen Beitrag aus dem Jahr 2020 beziehen, wo von insgesamt 22.000 Schnee-Erzeugern in Österreich geschrieben wird", heißt es aus der Wirtschaftskammer. Der Ausbau in den letzten Jahren war jedenfalls enorm. Zum Vergleich: 2007 gab es etwa 3.100 Schneekanonen – und das auf allen Pisten in ganz Europa.

Die Zahl von rund 22.000 Schnee-Erzeugern tauchte etwa in einer Analyse des Tiroler Skitourismus-Forschers Günther Aigner auf. Der Wirtschaftspädagoge und Sportwissenschafter widmet sich mit seinem Unternehmen Zukunft Skisport den Herausforderungen und Chancen der Branche. Auf Anfrage des STANDARD mit der Bitte um Bekanntgabe der Quelle für diese Zahl räumte Aigner aber ein: "Niemand in Österreich weiß genau, wie viele Schneekanonen im Einsatz sind. Valide Zahlen dazu gibt es nicht." Es gebe lediglich Annäherungswerte – wie eben die Schätzung von 22.000 Schnee-Erzeugern aus dem Jahr 2020, auf die sich auch die Wirtschaftskammer bezieht.

Zuletzt hat Aigner eine neue Recherche in Abstimmung mit Expertinnen und Experten der Branche gestartet. Demnach schätzt Aigner, dass es aktuell deutlich mehr Kunstschnee-Erzeuger in Österreich gibt als bisher bekannt: nämlich rund 25.000 Propellermaschinen sowie 8.000 Schneilanzen. Das wären insgesamt 33.000 Schneeerzeuger. "Es braucht aber endlich valide Daten, um über das Thema diskutieren zu können", sagte Aigner. Dass die Anzahl der Schneekanonen nirgends aufliegt, verwundere ihn.

Riesiger Energieverbrauch

Der Energieverbrauch der Schnee-Erzeuger ist jedenfalls riesig – auch wenn laut Wirtschaftskammer durch die Modernisierung in den letzten zehn Jahren eine Energieeinsparung von 20 Prozent erzielt werden konnte. Die Debatte über den Energieverbrauch für die Kunstschnee-Erzeugung nimmt aber zu – gerade angesichts der Energiekrise.

Um trotz verschiedener Zahlen zu den Schneekanonen eine Vergleichbarkeit zu gewährleisten, kann der Energieverbrauch für die Beschneiung auch pro Hektar Skipiste und Jahr berechnet werden. Laut Umweltministerium ergibt sich hier ein durchschnittlicher Wert von rund 15 bis 17,5 Megawattstunden.

Bei einer beschneibaren Pistenfläche von 16.590 Hektar – das sind die genannten 70 Prozent aller Skipisten – ergibt das einen Stromverbrauch von 249 bis 290 Gigawattstunden. Nimmt man den Durchschnittswert, würde das in etwa einem Energieverbrauch von 67.500 Einfamilienhaushalten pro Jahr entsprechen. Laut Angaben der Wirtschaftskammer kommen knapp 90 Prozent des Energieaufwands für die technische Schnee-Erzeugung aus erneuerbaren Energiequellen.

Der Faktor Kunstschnee in Zahlen.
Grafik: Oana Rotariu, Datenrecherche: Lisa Duschek

Insgesamt 455 Speicherteiche neben Pisten

Bemerkenswert ist auch der Wasserbedarf für die technische Beschneiung: Pro Hektar Piste gibt die Wirtschaftskammer den durchschnittlichen Wasserbedarf mit 3000 Kubikmeter pro Jahr an. Das wären hochgerechnet 50 Millionen Kubikmeter pro Saison. Für die Versorgung der Schneekanonen – und um Fließgewässer zu entlasten – wurden in den vergangenen Jahren zahlreiche Speicherseen für die Kunstschnee-Erzeugung errichtet. Insgesamt gibt es österreichweit bereits 455 solcher Speicherteiche.

Für die knackige Pistenpräparierung benötigt es Pistengeräte. Laut Auskunft aus dem Umweltministerium von Ministerin Leonore Gewessler (Grüne), die auf die Österreichische Energieagentur verweist, sind österreichweit etwa 2000 Geräte im Einsatz. Pro Hektar Pistenfläche geht das Ministerium von einem durchschnittlichen Verbrauch von rund 1500 Liter Diesel pro Jahr aus. "Das ergibt dann insgesamt etwa 35 Millionen Liter Diesel im Jahr." Die Wirtschaftskammer geht auf Anfrage hingegen von einem Drittel dieses Verbrauchs – 490 Liter pro Hektar und Jahr – aus.

Ohne Beschneiung Winterbetrieb "nicht mehr vorstellbar"

Die technische Beschneiung stellt laut der Seilbahnbranche "die Basis für einen gesicherten Wintertourismus dar. Ohne technische Beschneiung ist der Winterbetrieb heute nicht mehr vorstellbar, insbesondere für den Saisonstart", heißt es. Der Fachverband in der Wirtschaftskammer geht davon aus, dass durch die heimische Seilbahnwirtschaft knapp 125.900 Vollzeitarbeitsplätze gesichert werden – davon 108.800 Arbeitsplätze "bei direkt begünstigten Branchen oder indirekten Vorleistern". (Text: David Krutzler, Grafik: Oana Rotariu, Datenrecherche: Lisa Duschek, 14.10.2022)