Die gebürtige Iranerin Azadeh Badieijaryani studiert, arbeitet und forscht in Wien. Während ihr Karriereweg auf die Themen Gender, Ungleichheit und Inklusion fokussiert, gilt das wissenschaftliche Interesse der 30-Jährigen der Technologie und wie diese Sexualität und Gesellschaft prägt. Die Universitätsstadt schätzt sie nicht zuletzt wegen deren Zugang zu Nachhaltigkeit und Bildung und ihrer Genderpolitik.

Rolle der Frau im Iran

Der Tragweite dieser Themen wird sich Badieijaryani bereits in ihrer Heimat bewusst. Aber der Iran ist nicht der richtige Ort, um sich damit auseinanderzusetzen: "Ich realisierte, dass es um mich herum eine starke Ungleichheit der Geschlechter und viel Diskriminierung gab." Während des Bachelorstudiums Englische Literatur und Sprache an der Alzahra-Universität in Teheran beschließt sie, nach Amsterdam zu gehen. Statt wie geplant Bücher zu schreiben, entscheidet sie sich dort für Genderstudies.

Azadeh Badieijaryani verbindet in ihrer Arbeit die Themen Gender und Sexualität mit Technologie.
Foto: Petra Blauensteiner

Die junge Sozialwissenschafterin will ein aktiver Teil der Lösung der Probleme sein, die sie beobachtet: In den Niederlanden studiert sie nicht nur, sie engagiert sich auch bei Organisationen, arbeitet mit LGBTQ+-Flüchtlingen. "Diese Menschen bekamen nie die Möglichkeit, über Identität und Sexualität zu lernen", sagt Badieijaryani, "daher war mir die Arbeit mit ihnen sehr wichtig."

2018 spürt sie den Drang, ihren wissenschaftlichen Blick zu erweitern. "Soziale Akteure sind wichtige Faktoren, aber auch Wissenschaft und Technik prägen und verändern die Gesellschaft maßgeblich", sagt sie. Für den Masterstudiengang "Science and Technology Studies" an der Universität Wien zieht sie erneut um. Hier beginnt sie, sich intensiv mit Technologien und deren Wirkung auf Gender zu beschäftigen. So kann die Art und Weise der Gestaltung von Technologie Ungleichheiten fortführen.

Im Rahmen der ersten Masterarbeit forscht sie zum Konzept der Jungfräulichkeit im Iran und zu den Auswirkungen der kontroversen und strafbaren Hymen-Rekonstruktions-OP. Ihre aktuelle These schließt daran an und beschäftigt sich damit, wie das medizinische Wissen über den Eingriff weitergegeben wird, denn offizieller Teil des Medizinstudiums ist dieses nicht. Daneben forscht Badieijaryani auch zu interaktivem Sexspielzeug, das mit dem Internet verbunden ist und online gesteuert wird.

Energiewende und Gender

Seit 2021 arbeitet die Forscherin zudem bei der Österreichischen Gesellschaft für Umwelt und Technik im Bereich Gender und Diversität. Hier ist sie an diversen Projekten zu Genderfragen und der Energiewende beteiligt. Es geht etwa um Aspekte der Armut, um Verteilung und Zugang zu Energie. Zu ihren Aufgaben gehört es, Empfehlungen für Entscheidungsträgerinnen oder Ministerien zu entwickeln, die mit Staaten oder Organisationen wie den UN zusammenarbeiten.

"Wir wollen sicherstellen, dass Diversität und Inklusion berücksichtigt werden, wenn Energieanbieter neue Technologien testen. Verschiedene Menschen und Gender konsumieren Energie unterschiedlich. Darüber wird sonst nicht wirklich nachgedacht." (Pia Gärtner, 22.10.2022)