Die iranische Journalistin Niloofar Hamedi sitzt in Isolationshaft in Evin.

Foto: "Sharqh"

Wie viele politische Häftlinge im Evin-Gefängnis im Norden Teherans eingesperrt sind und wie viele während der seit einem Monat laufenden Protestwelle im Iran dazugekommen sind, ist unbekannt – so wie die wahren Umstände und Opferzahlen des Brandes von Evin, dessen Bilder Samstagabend um die Welt gingen. Aber sicher ist, dass sich unter den Gefangenen auch jene junge Journalistin befindet, die die Geschichte vom Leiden und Sterben der 22-jährigen Iranerin Mahsa Amini öffentlich machte.

Niloofar Hamedi twitterte am 16. September ein Foto, das die sich weinend in den Armen liegenden Eltern der jungen Kurdin im Kasra-Krankenhaus zeigte. Dort lag Mahsa Amini im Koma, nachdem sie in der Haft zusammengebrochen war.

Isolationshaft im Evin-Gefängnis

Es dauerte sechs Tage, bis die Polizei bei Niloofar Hamedi auftauchte, die auf Fotos mit einem locker über den Kopf geschwungenen Tuch zu sehen ist und für die Tageszeitung "Shargh" arbeitet. Es folgten die üblichen Vorgänge, Hausdurchsuchung, Beschlagnahmungen und die Verbringung Hamedis in Isolationshaft im Evin-Gefängnis. Laut ihrem Anwalt Ali Kamfirouzi wurde sie verhört, ohne dass ihr die Gründe für ihre Festnahme mitgeteilt wurden. Auch das ist üblich.

Seit Mitte September wurden im Iran dutzende Journalistinnen und Journalisten verhaftet. Niloofar Hamedi hatte sich schon vor dem Fall Amini mit Gewalt gegen Frauen befasst. So schrieb sie etwa über Selbstverletzungen von von häuslicher Gewalt betroffenen Mädchen. Sie sei über sich hinaus gewachsen, um ungehörten Frauen eine Stimme zu geben, sagt eine Freundin über sie.

"Schlechter Hidschab"

Was sie damit riskierte, wusste sie wohl. Im Juli interviewte sie die Familie von Sepideh Rashnu, einer Autorin und Künstlerin, die aus demselben Grund wie Mahsa Amini in die Fänge der Justiz geraten war: "schlechter Hidschab". Die Regierung Ebrahim Raisi hatte sich vorgenommen, die Kleiderregeln wieder durchzusetzen. Rashnu wurde von einer anderen Frau öffentlich gemaßregelt und attackiert: Auch das gehört zu den Tatsachen der Gesellschaft der Islamischen Republik. Sie wehrte sich, wurde festgenommen, wahrscheinlich gefoltert und im Staats-TV vorgeführt.

"Shargh" gehört zu den Medien, die die ihnen vom Staat gesetzten engen Grenzen immer wieder testen. Hamedis Chefin Shahrzad Hammeti steht zu ihr. Sie wünsche sich, dass sie einfach wieder bei der Tür hereinkomme, ihre Tasche abstelle und weitermache. (Gudrun Harrer, 18.10.2022)