Im Roman "Alles was glänzt" erzählt Marie Gamillscheg wie eine kleine Bergbaugemeinde dem eigenen Niedergang entgegenblickt. Jetzt im Theater Kosmos.

Foto: Bettina Frenzel

Die Berge erobern sich langsam ihren Weg auf die Bühnen, zuletzt mit Lisa Wentz’ Adern, heuer sehr zu Recht als bestes Stück bei der Nestroy-Verleihung geehrt. Kein Wunder, lassen sich die Berge – oder vielmehr ihre Ausbeutung, der Bergbau – doch wunderbar einsetzen, um die Misere unserer Zeit darzustellen: So wie der Planet fangen auch die jahrhundertelang ausgeweideten Berge an sich zu wehren.

Davon erzählte auch Marie Gamillschegs 2018 veröffentlichter Debütroman Alles was glänzt, in dem eine kleine Bergbaugemeinde dem eigenen Niedergang entgegenblickt, während das Zittern aus den alten Bergwerksstollen langsam alles durchdringt.

Nachdem diese Premiere wie so viele andere Corona-bedingt mehr als ein Jahr nach hinten geschoben worden war, kam sie nun in einer Fassung der Autorin und nach einem Konzept von Makemake Produktionen am Wiener Kosmos-Theater zur Uraufführung.

Weg von hier

Und man hat das Gefühl, dass man die Verzögerung der Inszenierung von Sara Ostertag doch etwas anmerkt: Sie wirkt ein wenig angestaubt. Auf vier Figuren beschränkt sich diese mit 70 Minuten sehr kompakte Dramatisierung: Da ist einmal die Wirtin Susa (Aline-Sarah Kunisch), die in jeder Hinsicht versucht, den Laden am Laufen zu halten.

Ihr einziger Stammgast ist Wenisch (bei der Premiere erkrankt und von Regisseurin Ostertag ersetzt: Michèle Rohrbach), einst Bergarbeiter, jetzt Archivar der Vergangenheit. Regionalmanager Merih (Dolores Winkler), der mit dem Ort etwas vorhat. Und Teresa (Nora Jacobs), die vor allem eines will: weg von hier.

Sara Ostertag hat die Figuren auf eine erhöhte, sich konkav und fächerartig wölbende Pressspanplatte (Ausstattung: Nanna Neudeck) verfrachtet, von deren Rand sie sich manchmal fallen lassen, die sie dann kletternd wieder erklimmen, auf der sie sich manchmal hinunterrutschen lassen oder wieder hinaufsteigen (Choreografie: Martina Rösler).

In der Mitte des Bühnenbilds befindet sich ein Loch, darin befindet sich eine zähe Flüssigkeit, in der gegen Ende eine der Figuren nackt hineinsteigen wird. Die Nacktheit ist allein deshalb bemerkenswert, weil die Figuren bis kurz vor dem Ende in Arbeitsoveralls gekleidet sind, die Köpfe in Kugeln steckend, die wie Steine aussehen und nur vorn einen Schlitz haben, um ihre Stimmen herauszulassen.

Starke Momente

Wenig einfallsreich sprechen die spielenden Figuren in dieser Romandramatisierung von sich gerne in der dritten Person, es gibt kaum direkte Interaktionen, was es in Kombination mit den uniformen Kostümen schwermacht, sich zu orientieren – erst recht wohl für jene, die den Roman nicht kennen.

Vor allem zusammen mit der atmosphärischen Musik von Clara Luzia und Catharina Priemer-Humpel sowie den die Bühne bespielenden Videos (Nora Jacobs) hat das durchaus ein paar starke Momente. Wirklich für sich einzunehmen vermag die Inszenierung aber nicht, zu sehr genügt sie sich selbst, zu wenige Funken springen dabei über. (Andrea Heinz, 19.10.2022)