In die Steckdose gegriffen? Stefan Weber (1946-2018), Frontmann der Punk-Band Drahdiwaberl.

Bernd Preiml

Mozart, Nestroy und Falco, Arik Brauer und Marianne Mendt, Conchita oder der kaum bekannte Heinrich Berté, der mit dem Export von Das Dreimäderlhaus 1921 an den New Yorker Broadway die bisher kommerziell erfolgreichste Operette Österreichs komponiert hat. Sie alle kommen in der neuen Ausstellung des Österreichischen Theatermuseums unter das Siegel des Austropop.

Direktorin Marie-Theres Arnbom, seit Jahresbeginn im Amt, leiht sich den auf österreichische Popmusik der zweiten Hälfte des zwanzigsten Jahrhunderts abonnierten Begriff, um sich in ihrer Antrittsausstellung auch anderen "populären", im weitesten Sinn mit Bühnen verbundenen Protagonisten des Landes zu widmen. Das Theatermuseum will von nun an niederschwelliger und mainstreamiger werden: "Von Mozart bis Falco" lautet der Untertitel.

"Austropop" – der Schriftzug leuchtet von der in Sanierung befindlichen Fassade am Wiener Lobkowitzplatz. Dort wird also mit beherzter Absicht am Rande des Etikettenschwindels trittbrettgefahren. Die Schau dehnt den Begriff Austropop und will im gleichen Atemzug auch die Unentschiedenheit in der Frage thematisieren, was denn dies nun wirklich sei. Subversivität sei mit ihm verbunden – dafür liefern die ersten beiden Räume Anhaltspunkte.

Karaokebühne

Eng sind die Exponate arrangiert: ein Originalkostüm des umstürzlerischen Vormärz-Dichters Johann Nestroy aus den 1830er-Jahren, eine Hörstation mit Helmut Qualtingers Stimme im Café Hawelka. Auch ein Nackttanzkostüm aus den 1920er-Jahren ist ausgestellt – als eine Form von Austropop.

Interaktiv gedacht sind ein kredenzgroßes Papiertheater sowie eine Karaokebühne mit Wurlitzer. Erst Raum fünf gehört dem echten Austropop von Danzer, Fendrich, Ambros und Co und versammelt vor allem Plakate und Devotionalien. Ein Strandtuch mit Austrofred ziert die Wand im letzten Raum, wo ein riesiges Gigapixelbild des Fotografen Lukas M. Hüller von der Charityaktion "Kana is a Oasch!" (2018) prangt. Es zeigt in einer abschließenden Collage dutzende (unfreiwillige) Vertreterinnen und Vertreter des Austropop im Café Anzengruber. Direkt daneben beginnt schon der Museumsshop.

Nackttanzfoto

Die größte Schwäche dieser kleinen auf die ehemaligen, kürzlich freigewordenen Akademieräume im ersten Stock reduzierten Ausstellung liegt im weitgehend fehlenden einordnenden Überbau: Was soll als poppig gelten und warum? Warum ist ein Nackttanzkostüm Pop, und warum fehlt dann jegliche Verbindung zur gefeierten Nackttanzregisseurin Florentina Holzinger?

Die Grundidee der Ausstellung ist verlockend, die Umsetzung scheitert aber am allzu großen Thema, das man in sieben für Museumsverhältnisse eher kleinen Räumen schlichtweg nicht unterbringt bzw. stärker kontextgebunden filtern müsste. So wirkt vieles trotz Themenräumen beliebig. (Margarete Affenzeller, 19.10.2022)