Der Bundespräsident fordert den Bundeskanzler und die Regierung dazu auf, dafür zu sorgen, dass das Vertrauen in die Demokratie und politische Kultur wiederhergestellt werde. Es gehe dabei auch darum, die eigene Rolle und die eigene Partei kritisch zu betrachten. Es habe einen "substanziellen Schaden am Gebäude der Demokratie" gegeben. Das dürfe alles nicht wahr sein.

Der Bundespräsident erkennt einen "substanziellen Schaden am Gebäude der Demokratie"
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Nicht schwach. Als Anlass nannte der Bundespräsident die jüngsten Korruptionsanzeichen im Umfeld der ÖVP. Die ÖVP würgt verzweifelt an dem vergifteten Erbe von Tricky Basti, dem talentierten Telefongesprächsmitschneider.

Aber Alexander Van der Bellen sprach deutlich wie bisher nie die Verursacher dieses "großen Wasserschadens im Gebäude der Demokratie", dieses "beschädigte Fundament" an und ordnete sie im Grunde einer Partei, der ÖVP, zu. Ausdrücklich nahm er die aktuelle Regierung aus und bezog sich auf "lange zurückliegende Geschehnisse".

Diese Dramatik führt, wenn es nach Van der Bellen geht, nicht zu drastischen Maßnahmen wie etwa Neuwahlen. Seine Ankündigung intensiver Gespräche, in denen er die Umsetzung anstehender Gesetze für mehr Transparenz einmahnen will, wirkte da fast wie eine Antiklimax. Aber dennoch bleibt unter dem Strich, dass der Bundespräsident einen Alarmruf wie noch nie losgelassen hat: Das Vertrauen in die Demokratie und damit die Demokratie selbst sind in Gefahr. (Hans Rauscher, 20.10.2022)