Finanzminister Hans Jörg Schelling (2013 bis 2017, ÖVP) mit Thomas Schmid.

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Es sei der älteste Weinkeller des Traisentals, sieben Meter unter der Erde und ideal für "Gär- und Lagerprozesse": So wirbt das Stiftsweingut Herzogenburg auf seiner Homepage für seinen Grünen Veltliner, Sauvignon Blanc, Muskateller und Riesling. Winzer dort ist niemand Geringerer als Unternehmer Hans Jörg Schelling, der das Weingut seit 2009 bewirtschaftet – und seinen edlen Tropfen auch während seiner politischen Tätigkeit als Finanzminister in den Jahren 2013 bis 2017 unter die Leute bringen wollte.

So berichtete Schellings damaliger Kabinettschef und Generalsekretär im Finanzministerium Thomas Schmid vor den Ermittlern der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA), dass Schelling "sehr oft über seinen Wein und sein Weingut gesprochen hat". Und zwar offenbar auch mit Personen, mit denen er auch beruflich in seiner Funktion als Minister zu tun hatte. Das galt auch für die Chefs von Novomatic und Sazka, die bekanntermaßen beide in der Glücksspielbranche tätig sind.

"So je 1.000 Flaschen wäre eine tolle Sache"

Die beiden Konzerne spielen in der Causa Casinos als (frühere) Miteigentümer der Casinos Austria AG eine wesentliche Rolle, sie hatten sich einst im Februar 2016 auf ein Joint Venture eingelassen. Im August 2016 schrieb Schelling an Schmid: "Kannst du einmal bei Novo nachfragen, ob sie Interesse an Wein als Kundengeschenk für Weihnachten haben. Wir könnten auch eigene Etiketten machen. Gleiches wäre für Komarek (Sazka-Eigentümer Karl Komarek, Anm.) möglich. So je 1.000 Flaschen wäre eine tolle Sache. LG Hans Jörg".

Schmid sagte das per Chat zu, vor den Ermittlern meinte er nun, sechs Jahre später, aber: "Ich habe dieses Angebot auch nicht sonderlich ernst genommen und weiß wirklich nicht, ob ich es weitergeleitet haben". Er habe "dem Minister nicht gesagt (...), dass so ein Angebot möglicherweise problematisch ist".

Auch Wolf kaufte Wein

Er selbst habe jedenfalls Wein bei Schelling gekauft; vor dem Untersuchungsausschuss räumte das auch der Unternehmer Siegfried Wolf ein. "Ich finde es eigentlich fast lächerlich, mir so eine Frage zu stellen, Entschuldigung", sagte der Unternehmer damals. "Da ich schon nachgeschaut habe, mir gedacht habe, es reicht hier endlich für Ihre Vermutung einer Bestechung: Ich kann Sie beruhigen, es waren nur, ich glaube, 3.500 bis 4.000 Euro Weinkauf im Jahr", sagte Wolf. Gegen ihn, Schelling, Schmid und andere wird rund um Interventionen bei Wolfs Steuerverfahren ermittelt – es gilt die Unschuldsvermutung. Schelling reagierte auf eine Anfrage des STANDARD nicht. (Renate Graber, Fabian Schmid, 21.10.2022)