Die Reform kommt zur rechten Zeit: Nächstes Jahr werden zwei Präsidentenstellen nachbesetzt.

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Angekündigt war die Reform bereits seit dem Frühjahr, jetzt dürfte sich die türkis-grüne Koalition endgültig geeinigt haben: Bei der Bestellung der Präsidentin und der Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs (OGH) werden künftig unabhängige Personalsenate eingebunden. Bis dato hat die Justizministerin das alleinige Vorschlagsrecht an den Bundespräsidenten.

Die Reform, die im Parlament im Rahmen der Dienstrechtsnovelle beschlossen werden soll, ist am Donnerstag in Begutachtung gegangen. Die Neuregelung soll einen "weiteren Beitrag zur Objektivierung und Transparenz bei der Bestellung von Höchstrichtern gewährleisten", heißt es in einer Aussendung des Beamtenministeriums unter Werner Kogler (Grüne). Auch die grüne Justizministerin Alma Zadić zeigt sich in einem Statement zufrieden. Die Reform sorge dafür, dass "nicht einmal mehr der Verdacht einer politischen Einflussnahme entstehen kann." Damit stärke die Regierung das Vertrauen in die Justiz.

Höhere Einstiegsgehälter

Insgesamt soll die Dienstrechtsnovelle den Einstieg in den öffentlichen Dienst angesichts der anrollenden Pensionierungswelle attraktivieren. So werden etwa die Einstiegsbezüge für Polizeischüler um rund sieben Prozent angehoben. Zudem soll ein "Handwerker:innen-Bonus" dazu führen, dass in handwerklichen Berufsgruppen im öffentlichen Dienst wieder mehr Personen eingestellt werden können.

Insgesamt will die Regierung pro Jahr rund 58 Millionen Euro in die Hand nehmen, um vor allem jüngeren Menschen höhere Einstiegsgehälter bieten zu können. "Von der Erhöhung der Bezüge profitieren um die 21.000 Bediensteten sofort", sagt Vizekanzler und Beamtenminister Kogler.

Lücke wird geschlossen

Die Reform am OGH hatte Anfang 2022 deren Präsidentin Elisabeth Lovrek höchstselbst angestoßen. Die Novelle sei notwendig, um jeden "Anschein einer Einflussnahme" auszuschließen. Kurz zuvor war bekannt geworden, dass OGH-Vizepräsidentin Eva Marek in eine Chat-Affäre um mutmaßlichen Postenschacher verwickelt war.

Bei der Bestellung von Justizrichterinnen und Justizrichter sind grundsätzlich Personalsenate eingebunden, die geeignete Kandidatinnen und Kandidaten vorschlagen. Offiziell ernannt werden die Richter dann vom Bundespräsidenten auf Vorschlag der Justizministerin. Einzige Ausnahmen dieses Systems sind bis dato die Positionen der Präsidentin und der beiden Vizepräsidenten am OGH. Dort liegt das Vorschlagsrecht direkt bei der Justizministerin. Diese Lücke soll die Reform nun schließen.

Reform geriet ins Stocken

Dem Vernehmen nach war die OGH-Reform auf ihrer Zielgeraden ins Stocken geraten. Grüne Regierungskreise und die Neos beklagten, dass die Türkisen die Novelle blockieren. Zuletzt drängte auch die Richtervereinigung auf eine rasche Umsetzung. Die bisherige OGH-Präsidentin Lovrek und der OGH-Vizepräsident Matthias Neumayr erreichen Ende 2023 ihr Pensionsalter. Damit müssen nächstes Jahr gleich zwei von drei OGH-Spitzenpositionen neu besetzt werden. (Jakob Pflügl, 27.10.2022)