Es kommt die Zeit, da müssen wir Abschied nehmen. Von Vertrautem, von Gewohnheiten, von Dingen, die wir schätzen, auch von Fahrzeugen, die wir aus der Ferne bewunderten und in der Nähe tätschelten. Langsam, aber sicher verlassen die Acht- und Zwölfzylinder die Bühne und machen Platz für Neues, für einen elektrischen Antrieb, in der Übergangsphase für die Kombination aus Verbrennermotoren und Elektroaggregaten. 2035 dürfte jedenfalls Schluss sein mit dem Auto, wie wir es bislang kannten und schätzten. Die jährliche CO2-Emission neuer Fahrzeuge soll auf null gesetzt werden. Es können dann nur noch reine Elektroautos oder Fahrzeuge, die mit Wasserstoff oder Biokraftstoff betankt werden, zugelassen werden. Nach gut 150 Jahren kommt das Ende der Verbrennungsmotoren.

Einmal noch führen wir die Motoren aus, mit denen die Marken ihre besten Modelle schmücken und die als Krönung der automobilen Ingenieurskunst gelten. Die Disziplin liegt nicht nur in der Kraft und im Drehmoment, sondern vor allem in der Laufruhe dieser Motoren.

Aufgefadelt vor der St.-Martins-Therme im Seewinkel, normalerweise ein Ort der Verlangsamung, aber offen für Neues: Ford Mustang Mach 1, Lexus LC, Mercedes-AMG SL, Bentley Continental GTC und Rolls-Royce Ghost.
Foto: Andreas Riedmann

Was haben wir zusammengetragen? Einen Zwölfzylinder, zugleich auch das teuerste Fahrzeug in der Runde. Klassisch der Rolls-Royce, ein Ghost, so wie er hier vorfährt, kostet das Auto mehr als 600.000 Euro, unfassbar also, das sind tatsächlich in vielerlei Hinsicht andere Sphären. Nicht viel billiger ist der Bentley, ein offener Continental GT, ein Achtzylinder, beim Preis von 440.000 Euro in der Vollausstattung muss man auch erst einmal schlucken. Und passt mir ja auf die Felgen auf!

44 Zylinder mit einem kombinierten Hubraum von 24,5 Litern, 2.630 PS, also fast zwei Megawatt, alles zu einem Gesamtpreis von 1,41 Millionen Euro – diese Zahlen beschreiben keine mittelgroße Fahrzeugflotte, sie wurden hier in nur fünf Autos konzentriert.
Foto: Andreas Riedmann

Fast 300.000 Euro für den Mercedes. Es ist ein AMG SL, das sind 585 PS, Mercedes versucht hier die Verbindung klassischer Schönheit mit aggressiver Technik, und das geht sich irgendwie aus: sehr schön, sauschnell. Jetzt doch ein Preissprung, aber immer noch empfindlich teuer: 135.000 Euro für den Lexus LC. Und zum Durchatmen ein Auto unter 100.000 Euro: der Ford Mustang, hier in der Version Mach 1, also von allem ein bisschen mehr, schneller und lauter.


Fotograf Andreas Riedmann bei der Arbeit
Foto: Armin Karner

Vom Preisleistungsangebot her ist der Mustang unschlagbar, und er macht richtig Spaß, ein geballtes Auto, alles sehr unmittelbar, da spürt man die Straße und den Motor und den Lärm und die Beschleunigung. Der Rolls-Royce ist praktisch das Gegenteil davon. Da spürt man das Auto praktisch gar nicht mehr, alles ist in Watte eingepackt, da geht es nicht ums Fahren, sondern ums möglichst komfortable Vorankommen. Wobei man den Motor schon auch spüren kann, das ist immerhin ein Zwölfzylinder, fast sieben Liter Hubraum, 571 PS. Man käme auch flott voran. Aber: Laufruhe! Übers Aussehen kann man bekanntlich streiten, von vorne kann man noch geteilter Meinung sein, von hinten eigentlich nicht mehr: ein Krapfen.

Ein guter Scherz • Das gilt für den Mercedes und den Bentley ganz sicher nicht, beide Autos sind der Versuch, einen klassisch-eleganten Auftritt sportlich zu unterstreichen, und sie sind Wunderwerke der Technik. Der Mercedes-AMG SL ist mit Sicherheit das sportlichste Auto in dieser Runde, der ist so gnadenlos präzise und schnell, dass man sich fast fürchtet. Der Bentley ist auch schnell, aber viel gutmütiger. Das Orange ist natürlich eine Provokation, da hat sich jemand mit Geschmack einen Scherz erlaubt.

Das progressivste Auto, das wir ins Burgenland führten, ist der Lexus, der ist wirklich schon der Gegenwart entflohen, das ist ein modernes und mutiges Design. Technisch ist der Japaner sowieso auf dem letzten Stand, zugespitzt auf maximale Leistung, aber praxistauglich – in den allermeisten Fällen.

Standard-Automobil-Supertest 2022, Burgenland, St. Martins-Therme/Seewinkel. Thema: V8 bis Zwölfzylinder, ein Abgesang. Abschied von der jahrzehntelangen Hochkultur der großen Verbrennungsmotoren. Gruppenbild aller fünf Fahrzeuge (Rolls-Royce Ghost, Bentley Continental GT Cabrio, Mercedes-AMG SL 63 4matic+, Lexus LC 500 Cabrio, Ford Mustang Mach-1)
Foto: Andreas Riedmann

Als Weg und Ziel wählten wir das Burgenland, wie schon vergangenes Jahr, als wir ausschließlich Elektroautos ausführten. Die St.-Martins-Therme im Seewinkel war ein wunderbarer Gastgeber, das nächste Mal gehen wir auch planschen, plaudern mehr mit den Gänsen und tauschen uns mit den freundlichen Eseln aus, ganz auf Augenhöhe. (Michael Völker, 3.11.2022)