Der ÖVP-U-Ausschuss soll nun doch in eine Verlängerung gehen – für wie lange ist nun Gegenstand von Verhandlungen.

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Er kam, sah, schwieg, ging – und wurde am Ende des Befragungstages im ÖVP-U-Ausschuss am Donnerstag einstimmig neuerlich geladen. Die Rede ist von Thomas Schmid. Der ehemalige Generalsekretär im Finanzministerium und Ex-Öbag-Chef machte zur herben Enttäuschung aller außer der ÖVP bereits in seinem Eingangsstatement klar, dass er keinerlei Fragen vor dem U-Ausschuss beantworten werde. Oder besser gesagt beantwortete er jede Frage mit ein und derselben Antwort, nämlich dass er seine Aussage verweigern werde.

Doch damit wollen sich die Fraktionen im U-Ausschuss nicht zufriedengeben. Schmid gilt schließlich als zentrale Figur diverser publik gewordener ÖVP-Affären, die durch seine von der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) sichergestellten Chats ausgelöst wurden. Seine Aussageverweigerung begründete er damit, dass seine Einvernahme vor der WKStA noch nicht abgeschlossen sei.

Die Zweite Nationalratspräsidentin Doris Bures (SPÖ), sie führte am Donnerstag den Vorsitz im U-Ausschuss, ließ Schmids Schweigen in Abstimmung mit Verfahrensrichter Wolfgang Pöschl nicht gelten und quittierte seine Aussageverweigerung mit der Ankündigung eines Beugestrafeantrags an das Bundesverwaltungsgericht (BVwG). Nach Einlangen des Antrags hat das BVwG vier Wochen Zeit, um darüber zu entscheiden.

Verlängerung mit Bedingungen

Der Auftritt von Thomas Schmid ändert nun jedenfalls alles. Damit eine neuerliche Ladung von Schmid auch möglich ist, rückte Neos-Fraktionsführerin Stephanie Krisper nämlich überraschend davon ab, den U-Ausschuss nicht über den 7. Dezember hinaus verlängern zu wollen. Allerdings kündigte sie auch an, diesen um lediglich einen Befragungstag verlängern zu wollen, um eben Schmid zu befragen – und auch das nur, sofern die WKStA ihre Einvernahmen von Schmid bis zum 7. Dezember noch nicht beendet und das BVwG bis dahin über den Beugestrafeantrag von Schmid noch nicht entschieden hat.

Eigentlich könnte – und so ist es in der Regel auch der Fall – der U-Ausschuss ja um drei Monate verlängert werden. Das allerdings kommt für Krisper offenbar nicht infrage. "Wir wollen nicht um drei Monate verlängern", sagt die Neos-Fraktionsführerin zum STANDARD. Außerdem sei es für sie wichtig, zunächst einmal das Urteil des BVwG abzuwarten, "damit wir wissen, ob Schmid sich rechtmäßig entschlagen hat oder nicht und wir auch für die Zukunft Rechtssicherheit in dieser Frage haben".

Vor ziemlich genau einem Monat sah die Welt noch komplett anders aus: Da hatten die Neos zum Unmut von SPÖ und FPÖ angekündigt, dass sie einer Verlängerung des U-Ausschusses nicht zustimmen werden. Begründet wurde das damals und in den vergangenen Wochen damit, dass bereits genug Beispiele für gesetzliche Schlupflöcher in Sachen Korruption gefunden wurden und nun entsprechende Reformen angegangen werden müssten. Damit war vorerst besiegelt, dass der U-Ausschuss mit 7. Dezember enden wird – für eine Verlängerung sind nämlich die Stimmen aller drei Oppositionsparteien nötig, weil diese ihn auch gemeinsam eingesetzt hatten.

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Verhandlungen über Details

SPÖ, FPÖ und Grüne begrüßen jedenfalls den Meinungsschwenk der Neos, ihnen wäre aber eine Verlängerung um drei Monate und mehrere Befragungstage lieber. SPÖ-Fraktionsführer Kai Jan Krainer rechnet jedenfalls fix damit, dass der U-Ausschuss verlängert werden wird, denn er geht nicht davon aus, dass das Gericht bis dahin schon rechtskräftig über den Beugestrafeantrag entschieden hat. Dass der U-Ausschuss tatsächlich nur um einen Befragungstag verlängert wird, ist für Krainer jedenfalls noch nicht in Stein gemeißelt. Er verweist hierbei auf die Verfahrensordnung des U-Ausschusses, wonach "man nicht um eine gewisse Anzahl von Befragungstagen verlängert, sondern um Wochen oder Monate", sagt der SPÖ-Fraktionsführer im STANDARD-Gespräch.

Man werde "nun im Rahmen der Einsetzungsminderheit Gespräche darüber führen, wie lange wir den U-Ausschuss verlängern wollen und wie wir diese Zeit konkret gestalten werden". Haben sich SPÖ, FPÖ und Neos geeinigt, müsste in weiterer Folge mit ÖVP und Grünen vereinbart werden, an welchem Tag beziehungsweise welchen Tagen Befragungen stattfinden. Einen Termin für erste Gespräche über eine Verlängerung gebe es bislang noch nicht. "Das ist nichts, das morgen passieren muss, schließlich haben wir bis zum 7. Dezember Zeit", sagt Krainer. Auch laut FPÖ-Fraktionsführer Christian Hafenecker gebe es noch "genug zu tun", er will Besprechungen mit den Neos allerdings nicht vorgreifen.

Verfahrensrichter für Verlängerung

Außerdem spricht sich Verfahrensrichter Wolfgang Pöschl für eine Verlängerung des U-Ausschusses aus. Mit dem Geständnis von Schmid vor der WKStA sei nämlich ein "neues Faktum eingetreten, das erörtert werden sollte", sagte er am Freitag im Ö1-"Morgenjournal". Geht es nach dem Verfahrensrichter sollen neben Schmid auch andere Personen zu diesem "neuen Faktum" befragt werden. Er spricht sich somit ebenfalls für mehrere zusätzliche Befragungstermine aus.

Schmids Auftritt im U-Ausschuss bezeichnete Pöschl als "gräuliche, um nicht zu sagen gräusliche Stunde oder Stunden". Dass dieser sich durchgehend auf sein Aussageverweigerungsrecht berufen habe, obwohl er bei der WKStA bereits umfangreich ausgesagt habe, versteht Pöschl nicht. Der Verfahrensrichter mutmaßt, dass Schmid sich wohl nicht der Gefahr einer strafgerichtlichen Verfolgung wegen Falschaussage aussetzen wollte. Im U-Ausschuss wäre Schmid nämlich unter Wahrheitspflicht gestanden, vor der WKStA ist das nicht der Fall. Zunächst hofft Pöschl aber auf eine rasche Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts in Sachen Beugestrafeantrag. (Sandra Schieder, 4.11.2022)