Gegen Ex-FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache wurde ein weiteres Verfahren eingestellt.

Foto: Regine Hendrich

Seit Publikwerden des Ibiza-Videos im Mai 2019 hat Ex-FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache eine ganze Reihe von Ermittlungsverfahren am Hals. Ein solches handelte ihm auch eine Aussage der ehemaligen EU-Abgeordneten Barbara Kappel beim Bundeskriminalamt im Oktober 2019 ein. Kappel gab an, "Geldbotin" für die FPÖ gewesen zu sein. Sie soll im Jahr 2018 die Summe von 55.000 Euro in drei Tranchen an einen ehemaligen Nationalratsabgeordneten der FPÖ, der inzwischen verstorben ist, geliefert haben. Das Geld soll von einem bulgarischen Geschäftsmann stammen und laut Kappel für den damaligen Parteichef Strache bestimmt gewesen sein.

Kappel behauptete außerdem, dass ihr Strache aufgetragen habe für ihr Engagement – Kappel hatte dem Geschäftsmann in diversen Causen "geholfen" – eine Parteispende von 100.000 Euro einzufordern. Dieser wiederum ging davon aus, Kappel habe das Geld benötigt, um einen "sicheren" Listenplatz bei der EU-Wahl zu bekommen – was 2019 allerdings nicht geschah. Kappel und Strache dementierten das.

Die Staatsanwaltschaft Wien leitete daraufhin Ermittlungen wegen Betrugs gegen Strache ein – weil der Vorwurf im Raum stand, dass dieser den Geschäftsmann unter Vortäuschung der Tatsache, dass Kappel bei der EU-Wahl aufgestellt werde, zur Geldübergabe verleitet beziehungsweise dies versucht haben soll. Nun ist klar: Zu einer Anklage gegen Strache wird es nicht kommen. Die Staatsanwaltschaft hat das Ermittlungsverfahren gegen ihn eingestellt, "weil kein tatsächlicher Grund zur weiteren Verfolgung besteht", heißt es in der Einstellungsbegründung vom 2. November, die dem STANDARD vorliegt.

"Mein Mandat hat stets beteuert, dass die Vorwürfe falsch sind, was durch die Einstellung der Staatsanwaltschat Wien nunmehr auch bestätigt ist", sagt Straches Anwalt Johann Pauer zum STANDARD. Strache könne sich über die Einstellung des Verfahrens allerdings "nur bedingt freuen, weil ich mir meinen Anwalt, der mich seit Veröffentlichung des Ibiza-Videos begleitet hat und dem ich für die Erwirkung der zahlreichen Einstellungen und Freisprüche dankbar bin, einfach nicht mehr leisten kann", schreibt Strache auf Facebook. Deshalb seien "die Ermittlungsverfahren mit den verbundenen Kosten zur eigentlichen Strafe geworden".

Keine Anklage gegen Strache

Vor ziemlich genau einem Jahr wurde ein weiteres Verfahren gegen Strache, in dem es ebenfalls um das Thema Mandatskauf ging, von der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) eingestellt. Es betraf den einstigen freiheitlichen Abgeordneten Thomas Schellenbacher, der bis 2018 Nationalratsabgeordneter war. Die FPÖ soll im Jahr 2013 mit zehn Millionen Euro aus der Ukraine davon überzeugt worden sein, Schellenbacher auf einen guten Listenplatz zu setzen. Zwei Millionen Euro davon sollen direkt an Strache geflossen sein.

Ein solcher Mandatskauf selbst ist zwar nicht strafbar – eine geplante Änderung des Korruptionsstrafrechts lässt seit Jahren auf sich warten. Gegen Strache wurde allerdings wegen des Tatbestands der Veruntreuung ermittelt, weil der Vorwurf im Raum stand, Strache hätte Geld abgezweigt, das für die FPÖ bestimmt gewesen sei.

Nächste Gerichtsverhandlung steht an

In zwei Wochen steht Strache übrigens erneut vor Gericht: Ab 21. November wird am Wiener Landesgericht für Strafsachen der Prozess gegen ihn im Zusammenhang mit der Affäre um den Privatkrankenanstalten-Finanzierungsfonds (Prikraf) wiederholt. Die Verhandlung ist für zwei Tage angesetzt, die Urteile sollen bereits am 24. November fallen.

Strache war im Vorjahr wegen Bestechlichkeit zu 15 Monaten bedingt verurteilt worden, der mitangeklagte Eigentümer der Privatklinik Währing, Walter Grubmüller, zu zwölf Monaten auf Bewährung. In dem Verfahren war es um einen vermuteten Gesetzeskauf im Zusammenhang mit der Privatklinik Währing gegangen, Grubmüller hatte der FPÖ 12.000 Euro gespendet. Strache und Grubmüller legten gegen ihre Verurteilung Rechtsmittel ein, denen das Wiener Oberlandesgericht (OLG) Folge leistete. Eine Neudurchführung der Verhandlung wurde angeordnet.

Weitere Ermittlungen laufen

Der Prikraf-Prozess war die erste Gerichtsverhandlung gegen Strache nach Veröffentlichung des Ibiza-Videos. In einem zweiten Prozess wurden Strache und der mitangeklagte Unternehmer Siegfried Stieglitz im Juli im Zweifel freigesprochen, wogegen die WSKtA Rechtsmittel eingelegt hat. In diesem Verfahren geht es um den Vorwurf, Strache habe für Spenden an einen FPÖ-nahen Verein Stieglitz einen Aufsichtsratsposten in der Asfinag verschafft. Aus Sicht des Erstgerichts reichte in diesem Fall die Beweislage nicht für Schuldsprüche aus, diese Entscheidung ist allerdings nicht rechtskräftig. Weitere Strafprozesse gegen Strache könnten folgen. Ermittlungen laufen zum Beispiel in der Causa Casinos oder in der Spesenaffäre. Es gilt die Unschuldsvermutung. (Sandra Schieder, 5.11.2022)