Michael Spindelegger ist seit 2016 Direktor des ICMPD.

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Michael Spindelegger ist ein vielbeschäftigter Mann: Der frühere Vizekanzler, einstige ÖVP-Chef und "Entdecker" von Sebastian Kurz ist nicht nur Consulter und Präsident der Agency for Economic Development (AED), sondern auch Direktor des International Center for Migration Policy Development (ICMPD). Die letzten beiden Organisationen waren immer wieder Thema im U-Ausschuss zur mutmaßlichen ÖVP-Korruption, weil Spindelegger persönlich für Förderungen vorsprach.

Am Mittwoch beschäftigten sich die Abgeordneten nun mit einem eher skurril abgelaufenen Projekt, das vom ICMPD durchgeführt worden war. Die Organisation mit Sitz in Wien hatte beim Innenministerium um eine Förderung von rund 750.000 Euro angesucht, um Nigerianer in Österreich zu schulen, dann in ihr Geburtsland zurückzubringen und dort weiter auszubilden. Schließlich wurden 274.000 Euro freigegeben; in einer ersten Runde sollten 30 Nigerianerinnen und Nigerianer an Schulungen teilnehmen.

Erinnerungsschwund bei Kabinettschef

Laut Unterlagen des U-Ausschusses reiste allerdings nur ein einziger Mann freiwillig nach Nigeria zurück – und dort verschwand er vom Radar des ICMPD, nahm also nicht mehr an den Schulungen teil. Den "teuersten freiwilligen Rückkehrer der Geschichte" nannte das SPÖ-Fraktionschef Jan Krainer im U-Ausschuss. Er befragte dazu am Mittwoch Andreas Achatz, der Kabinettschef des damaligen Innenministers Karl Nehammer war – mittlerweile hat ihn Nehammer ins Kanzleramt geholt.

Zuerst wollte sich Achatz an das "konkrete Projekt" nicht erinnern können, dann legte ihm Krainer einen Brief vor: Darin schrieb Achatz an Spindelegger, die Zielvorgaben des Projekts seien klar verfehlt worden. Da kam bei Achatz die Erinnerung zurück, den Brief will er jedoch nur vorgelegt bekommen und dann unterschrieben haben. Ob er abgeschickt worden sei, wisse er nicht. Dasselbe gelte für einen Briefentwurf, den Nehammer unterzeichnen hätte sollen. Für den sei auch ein vierseitiges Briefing zum Nigeria-Projekt erstellt worden, sagte Krainer.

Darin sei zu lesen gewesen, dass eine Vielzahl von Fehlern bereinigt werden musste: Berechnungen seien falsch gewesen, der Spielraum sei ausgenützt worden. Spindelegger habe laut Krainer auch noch einmal um Förderungen gebeten, "abseits der vorgesehenen Kriterien".

Der U-Ausschuss hat nun neue Unterlagen zum ICMPD angefordert. Nicht alles sei geliefert worden, hieß es vonseiten der Opposition. Aus dem ICMPD heißt es: "Das Konzept zur Erreichnung dieses Zieles lautete folgendermaßen: Auf eine kurze Ausbildung der abgewiesenen Asylwerber aus Nigeria bei Unternehmen in Österreich sollte eine freiwillige Rückführung mit einem Arbeitsplatz in Nigeria folgen. Die Schwerpunkte der Projektarbeit lagen darin, Unternehmen in Österreich dafür zu finden, die notwendigen Kontakte in Nigeria aufbauen und dort die Behörden und Akteure zu überzeugen sowie die potentiellen Rückkehrer in Österreich zu informiere". Es habe durchaus positive Effekte gegeben, so seien viele Kontakte mit Unternehmen in Österreich und Nigeria geknüpft worden. (fsc, 10.11.2022)