Die massiv gestiegenen Lebenshaltungskosten engen den meist ohnehin geringen finanziellen Spielraum der Handelsangestellten weiter ein.

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Der Druck auf einen Abschluss der Gehaltsrunde im Handel war groß. Unternehmen wollen in Zeiten multipler Krisen Planungssicherheit. Das bedeutet auch Klarheit über die Personalkosten. Was der Handel kurz vor Weihnachten mit den für ihn wichtigsten Wochen des Jahres nicht brauchen kann, sind Streiks und schlechte Stimmung. Der Abbruch der Verhandlungen trifft den Nerv vieler Unternehmen.

Mehr als neun Prozent Gehaltserhöhung fordern die Arbeitnehmer. Das liegt deutlich über jener der Metaller, die als Messlatte dienen, auch wenn ihre beiden Branchen nur schwer vergleichbar sind. Allein schon, weil der Anteil der Personalkosten im Handel weit höher ist als jener in der Industrie.

Die gut 430.000 Angestellten des Handels, es sind vor allem Frauen in Teilzeit, hätten es sich verdient, nicht mit Einmalzahlungen abgespeist zu werden. Die massiv gestiegenen Lebenshaltungskosten engen ihren meist ohnehin geringen finanziellen Spielraum weiter ein. Zu tief ist nach wie vor die finanzielle Kluft zwischen männerdominierten Branchen und der nicht minder anspruchsvollen Arbeit im Verkauf.

Dennoch sind derartige Reallohnzuwächse unwahrscheinlich. Vor allem kleinere Betriebe sind in der Bredouille: Mehrkosten an Konsumenten weiterzugeben wagen nur wenige.

Beschäftigte zu entlasten, ohne Jobs nachhaltig zu gefährden – dieser Spagat ist heuer schwerer denn je zu bewältigen. Energiekrise und hohe Inflation machen Händler wie ihre Mitarbeiter zu Verlierern. (Verena Kainrath, 23.11.2022)