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Wien – Auch Wien spricht sich für den Erhalt der "Wiener Zeitung" aus. In einem am Donnerstag im Gemeinderat eingebrachten Resolutionsparteien der Regierungsparteien SPÖ und NEOS wird die Bundesregierung aufgefordert, ein Finanzierungskonzept zu erstellen bzw. umzusetzen. Die aktuellen Pläne für die Zukunft des Traditionsmediums werden in der Begründung des Ansinnens abgelehnt. Der Antrag wird auch von den Grünen und der FPÖ unterstützt.

Grundsätzlich, so heißt es in der Begründung, wird befürwortet, dass die gedruckten Pflichtveröffentlichungen von Unternehmen wegfallen. Diese seien nicht mehr zeitgemäß. "Da dadurch aber auch die Haupteinnahmequelle der Wiener Zeitung wegfällt, ist schon lange absehbar, dass es eine Lösung braucht, um den Fortbestand (...) zu ermöglichen und die journalistische Qualität des Mediums zu erhalten", wird betont.

"Keine adäquate Lösung"

Der Entwurf der Regierung biete "allerdings keine adäquate Lösung", befindet Rot-Pink. "Denn die Wiener Zeitung wird laut Gesetzesentwurf zu einem Hybrid gemacht und soll zugleich als Onlinemedium die 'Veröffentlichung von Informationen über zeitgeschichtliche und gegenwärtige Ereignisse' (siehe Gesetzesvorlage § 3 Abs. 2) übernehmen – und damit als Online-Tageszeitung auftreten – und gleichzeitig auch als Monatsmagazin im Print erscheinen. Bei diesen Vorgaben handelt es sich aber um völlig unterschiedliche redaktionelle Aufgaben, die mit den vorgeschlagenen Mitteln nicht zu bewerkstelligen sind", ist man überzeugt.

Dies beweise, dass man nicht am Fortbestand der "Wiener Zeitung" als Qualitätsmedium interessiert sei und die redaktionelle Arbeit damit untergraben werde. Dort eine Ausbildung für Journalistinnen und Journalisten zu schaffen, wird ebenfalls kritisch gesehen. Wem die Unabhängigkeit der Medien ein Anliegen sei, dürfe dies nicht im Bundeskanzleramt ansiedeln.

Kritikpunkt Media-Agentur

"Zu allem Überfluss hat die Regierung im Gesetz auch noch festgeschrieben, dass die "Wiener Zeitung" langfristig Leistungen als Media-Agentur gegenüber dem Bund und Unternehmen des Bundes übernehmen soll. Auch bei diesem Punkt sollte man sich nach Bekanntwerden der langjährigen Inseratenkorruption in bestimmten Ministerien davor hüten, so eine Agentur unter der Weisungskette des Bundeskanzleramtes anzusiedeln", warnt man vor den Plänen. Offenbar sei geplant, die "Message Control" zu einer "Media Control" auszubauen.

Dieser ausführlichen Begründung folgt folgender Antragstext: "Der Wiener Gemeinderat fordert die Bundesregierung, insbesondere den Bundeskanzler, auf, einen gänzlich neuen Gesetzesentwurf für die Wiener Zeitung vorzulegen, der die Wiener Zeitung innerhalb mehrerer Jahre in die finanzielle und politische Unabhängigkeit führt. Es soll sichergestellt werden, dass durch ein nachhaltiges Finanzierungskonzept der Erhalt der Wiener Zeitung ermöglicht wird."

Dem werden auch die Grünen – immerhin der Regierungspartner der ÖVP im Bund – zustimmen, wie Klubchef David Ellensohn im APA-Gespräch erläuterte. Noch werde in der Regierung verhandelt, betonte er. Der Antrag sei ein Ersuchen, ein entsprechendes Konzept vorzulegen. Auch die FPÖ unterstützt das Ansinnen, wie ein Sprecher gegenüber der APA erläuterte. Ablehnung kommt nur von der ÖVP, wie dort auf Anfrage betont wurde.

Wissenschaft mit Personenkomitee

Nicht nur die Politik, auch die Wissenschaft sprang am Donnerstag in die Bresche für die "Wiener Zeitung". So präsentierte ein Personenkomitee seine Pläne, zu dem die Führungsfiguren von nahezu allen zentralen Bildungseinrichtungen des Landes gehören. Die zentrale Forderung in der Petition des Komitees ist die Rücknahme der Entscheidung, die "Wiener Zeitung" als Tageszeitung einzustellen. Schließlich stelle das Medium "ein Kulturgut erster Güte dar".

Deshalb solle ein Moratorium von eineinhalb Jahren gesetzt werden, um der Redaktion und ihren Vertretern die Möglichkeit zu geben, unter Schirmherrschaft des Personenkomitees eine Lösung für den Weiterbestand zu suchen. Zu den prominenten Unterzeichnenden gehören etwa TU-Rektorin Sabine Seidler als Präsidentin der Universitätenkonferenz, Kurt Koleznik, der Generalsekretär der FH-Konferenz, Friedrich Faulhammer, der Rektor der Donau-Universität Krems, WU-Rektorin Edeltraud Hanappi-Egger, Meinhard Lukas als Rektor der Linzer Kepler-Universität, Uni-Wien-Rektor Sebastian Schütze oder Ulrike Sych als Rektorin der mdw. (APA, 24.11.2022)