Julia Sicas Buchtipp schafft Klarheit in Klimafragen.

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An die Kinder solle doch einer denken – das liegt zur Weihnachtszeit besonders nahe. Jeder will Kinderaugen zum Funkeln bringen. Aber was erwartet sie in ihrer Zukunft? Unter aktuellen Bedingungen droht der Menschheit eine Heißzeit mit durchschnittlich 3 Grad mehr, so lautet der Titel eines von Klaus Wiegandt herausgegebenen Sachbuchs, das komprimiert Fakten und Zusammenhänge zur Klimakrise liefert. Im Reigen mit Greta Thunbergs Das Klima-Buch und dem neuen Club-of-Rome-Bericht Earth for All zählt die Neuerscheinung zu den wichtigsten Werken des Jahres.

Klaus Wiegandt (Hg.), "3 Grad mehr". € 25,70 / 352 Seiten. Oekom, 2022.
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Handlungsbedarf

Die von Wissenschafterinnen und Wissenschaftern verfassten Beiträge – einer stammt vom renommierten Klimaforscher Stefan Rahmstorf – fordern eine gewisse Konzentration. Sie liefern aber auch eine exzellente Argumentationsgrundlage, werden durch Grafiken ergänzt und machen deutlich: Rechnen müssen wir mit einem um 70 Zentimeter höheren Meeresspiegel, Klimamigration, Versorgungsengpässen, Artensterben, Revolten, einer zivilisatorischen Krise.

An Lösungen mangelt es nicht. Dargestellt werden vor allem naturbasierte Maßnahmen – am drängendsten der Stopp der Regenwaldabholzung – und Finanzierungskonzepte. Das Investieren in Anpassungen ist günstiger als die drohenden Schäden. Der Fokus des Buchs liegt oft auf Deutschland, die meisten Entwicklungen sind aber ohne weiteres auf Österreich übertragbar. Dazu gehört bei globalen drei Grad mehr hierzulande ein Temperaturplus von etwa sechs Grad, denn vor allem über Landflächen wird es wärmer.

Bei der offensichtlichen Dringlichkeit sei verziehen, dass das Buchcover mit einem lavaspritzenden Erdball daherkommt. Dem Planeten kann die Klimaentwicklung egal sein, den darauf befindlichen Lebewesen nicht. Kinder und Enkel inklusive. Wenn man sich die konservativen Prognosen des Weltklimarats IPCC als zurückhaltenden Opa am Weihnachtsabend vorstellt, hätte selbst dieser sich mittlerweile dazu durchgerungen, auf den Tisch zu hauen und zu rufen: "Wir müssen endlich etwas tun!" (Julia Sica, 22.12.2022)