Am 5. und 6. Dezember kommen Krampus und Nikolaus: das zottelige Wesen mit grässlicher Fratze, um schlimme Kinder zu bestrafen, der alte Mann mit weißem Bart, um brave Kinder zu belohnen. Viele kennen dieses Spiel zwischen Gut und Böse seit ihrer Kindheit. Der alte Brauch wird auch heute noch gern als Erziehungsmittel eingesetzt: "Wenn du schlimm bist, kommt der Krampus!" oder "Brav sein, sonst bringt dir der Nikolaus keine Schokolade!". Das sind Drohungen, die in der Erziehung nichts zu suchen haben. Sie bedienen schwarze Pädagogik und können das Vertrauensverhältnis zwischen Kind und Bezugsperson zerstören.

Der Krampus bestraft, der Nikolaus belohnt – ein Spiel zwischen Gut und Böse.
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Nicht nur der Krampus ist problematisch, auch der heilige Nikolaus, eigentlich Schutzpatron der Kinder, wurde nach und nach als externer Erzieher missbraucht. Er kommt ins Haus, groß und mächtig, um über die Kinder zu richten. Wieso weiß der Nikolaus denn überhaupt, dass Frieda noch einen Schnuller braucht und Theo sein Gemüse nie isst? Weil die Eltern, die Vertrauenspersonen, es verraten haben – weil sie ihre Kinder verraten haben.

Bräuche können wunderschön sein – und sie sind wichtig. Sie stärken das Gemeinschaftsgefühl und schaffen Sicherheit. Es ist an den Eltern, was sie aus dem Brauch machen. Vermitteln sie den Kindern Sicherheit, obwohl der Krampus furchterregend aussieht, kann das sogar eine Erfahrung sein, die Vertrauen schafft. (Nadja Kupsa, 5.12.2022)