Im Gastblog betrachtet Jurist Thomas Neumann die von der Regierung beschlossenen Maßnahmen gegen die Teuerung im rechtlichen Kontext.

Bereits im Juni wurde mit dem Teuerungsentlastungspaket I (BGBl I 93/2022) die Senkung des von Dienstgeberinnen und Dienstgebern zu tragenden Beitrags zur Unfallversicherung von derzeit 1,2 Prozent auf 1,1 Prozent beschlossen. Dies gilt ab 1. Jänner 2023 sowohl für vollversicherte Dienstnehmerinnen und Dienstnehmer als auch für geringfügig Beschäftigte.

Senkung des Dienstgeberbeitrags

Mit dem Teuerungsentlastungspaket II (BGBl I 163/2022) wurde Ende Oktober nun auch die Senkung des Beitrags von Dienstgeberinnen und Dienstgebern zum Familienlastenausgleichsfonds (FLAF) von derzeit 3,9 Prozent auf 3,7 Prozent beschlossen. Dies soll – gemäß dem Ministerratsvortrag vom 15. Juni 2022 – ein wichtiges Signal für lohngestaltende Maßnahmen in den nächsten zwei Jahren sein. Diese Gesetzesänderung tritt nämlich in zwei Schritten in Kraft. Für die Kalenderjahre 2023 und 2024 kommt die Beitragssenkung nur unter gewissen Voraussetzungen zur Anwendung. Erst ab 2025 wird der Beitragssatz von 3,7 Prozent uneingeschränkt verwendet.

Die Maßnahmen der Regierung sollen auch zu einer Entlastung von Dienstgebenden führen. Doch bringt dies einen größeren bürokratischen Aufwand mit sich?
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Die Bedingung für die Beitragssenkung in den Kalenderjahren 2023 und 2024 ist, dass diese Reduktion entweder in überbetrieblichen lohngestaltenden Vorschriften (zum Beispiel im Kollektivvertrag) oder innerbetrieblich für alle Arbeitnehmenden oder für bestimmte Gruppen von Arbeitnehmenden festgelegt werden muss.

Innerbetriebliche Festlegung

Die innerbetriebliche Festlegung ist grundsätzlich formlos möglich und kann bei der Entrichtung des Beitrags einseitig vorgenommen werden. Es bedarf somit weder einer ausdrücklichen Mitteilung an die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer noch eines Vermerks am Lohn- beziehungsweise Gehaltszettel. Für allfällige Kontrollen im Rahmen einer GPLB (Gemeinsame Prüfung Lohnabgaben und Beiträge) wird vom Arbeitsministerium jedoch ein entsprechender betriebsinterner Aktenvermerk empfohlen:

"Gemäß § 41 Abs. 5a Z 7 Familienlastenausgleichsgesetz wird der Dienstgeberbeitrag für alle Dienstnehmer, für die der Beitrag zu entrichten ist, in den Jahren 2023 und 2024 mit 3,7 Prozent der Beitragsgrundlage festgelegt."

Die Senkung des Dienstgeberbeitrags ist dabei für alle Dienstnehmenden möglich, für die eine Beitragspflicht besteht. Somit ist die innerbetriebliche Festlegung nicht auf echte Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer beschränkt, sondern kann auch für freie Dienstnehmende und für wesentlich beteiligte Gesellschafterinnen und Gesellschafter sowie Geschäftsführerinnen und Geschäftsführerinnen erfolgen (vgl. § 41 Abs. 2 FLAG).

Dienstgebenden bleibt es überlassen, ob sie die Entlastung durch die Beitragssenkung an ihre Dienstnehmenden weitergeben oder nicht; die Auswirkung auf einzelne Dienstnehmerinnen und Dienstnehmer ist dabei jedoch zu vernachlässigen. Bei einem Durchschnittsverdienst von 3.000 Euro brutto pro Monat führt die Beitragssenkung in Höhe von 0,2 Prozent nämlich lediglich zu einer Entlastung von sechs Euro brutto pro Monat.

Zusätzlicher bürokratischer Aufwand

Die von der Gesetzgebung gewählte Bedingung für die Kalenderjahre 2023 und 2024, die Höhe von Beitragssätzen für Lohnabgaben in erster Linie von den Verhandlungsergebnissen der Kollektivvertragsparteien und in weiterer Folge (mangels Einigung der Sozialpartner) von einer innerbetrieblichen Festlegung abhängig zu machen, ist neuartig. In Kollektivverträgen werden grundsätzlich die gegenseitig aus dem Arbeitsverhältnis entspringenden Rechte und Pflichten der Arbeitgebenden und Arbeitnehmenden (wie insbesondere Regelungen in Bezug auf Mindestentgelte, Sonderzahlungen und Arbeitszeit) geregelt. Zweck eines Kollektivvertrags ist es also, in der jeweiligen Branche einheitliche und sachgerechte Entgelt- und Arbeitsbedingungen festzulegen. Innerbetrieblich werden üblicherweise steuerbegünstigte Benefits für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter (wie zum Beispiel Rabatte, Gewinnbeteiligungen, Zuschüsse für die Kinderbetreuung etc.) gewährt. Eine Beitragssenkung mittels einer lohngestaltenden Vorschrift ist hingegen äußerst ungewöhnlich. Dennoch bleibt der Beitragssatz im Übergangszeitraum, ohne eine entsprechende lohngestaltende Vorschrift, unverändert bei 3,9 Prozent.

Da eine innerbetriebliche Festlegung allerdings lediglich formlos und einseitig möglich ist, stellt sich in der Praxis die Frage, wieso die Senkung des Dienstgeberbeitrags überhaupt an eine Bedingung geknüpft wurde. Diese führt zu einem zusätzlichen bürokratischen Aufwand in der Personalverrechnung, und es hätte stattdessen einfach eine gesetzliche Beitragssenkung ab 2023 beschlossen werden können. (Thomas Neumann, 13.12.2022 )