Eine asiatische Konkurrentin der heimischen Hornisse ist dabei, den europäischen Kontinent von Süden her zu erobern. Vespa velutina ist etwas kleiner als die bei uns verbreitete Art Vespa crabro und ernährt sich hauptsächlich von im Flug erbeuteten Insekten, darunter auch Honigbienen. Sie mag weniger furchterregend erscheinen als die Asiatische Riesenhornisse, die offenbar den Sprung über den Ozean nach Nordamerika geschafft hat. Doch für die heimische Bienenwelt ist der neue Räuber im Viertel ein wachsendes Problem.

Von unseren einheimischen Hornissen ist Vespa velutina leicht zu unterscheiden. In Österreich hat man sie vorerst noch nicht angetroffen.
Foto: REUTERS/Stephane Mahe

Kleiner und dunkler

Haben sie sich erst einmal niedergelassen, ist es schwer, sie wieder loszuwerden. Die asiatischen Hornissen bauen ihre Nester, die mehrere Tausend Individuen beherbergen können, oft hoch oben in den Baumwipfeln; sie sind schwierig zu entdecken und aufwendig zu erreichen. Optisch ist der Neuzugang unter den Wespen von der heimischen Hornisse leicht zu unterscheiden. Abgesehen von der geringeren Größe ist die asiatische Hornisse auch dunkler als die angestammte Art. Ihr Kopf ist an der Oberseite schwarz, unterhalb der Augen ist er orange. Ihr Stich kann durchaus schmerzen, doch sie gilt nicht als aggressiv.

Man vermutet heute, dass die ersten asiatischen Hornissen 2004 über Frankreich aus China eingeschleppt wurden. In den vergangenen 18 Jahren fand die neue Art hauptsächlich in Südeuropa gute Lebensbedingungen vor, mittlerweile macht sie in vielen Regionen Jagd auf Bestäuberinsekten, darunter auch in Süddeutschland und der Schweiz. In Österreich liegen noch keine belegbaren Sichtungen vor.

Ihre Nester legt Vespa velutina hoch oben in den Bäumen an, wo sie nur schwer zu erreichen sind.
Foto: APA/AFP/MIGUEL RIOPA

Suche nach der Herkunft

Im April 2021 bestätigte der Irish National Parks and Wildlife Service, dass in einem Privathaus in Dublin ein einziges Exemplar gefunden worden war, "lebendig, aber sterbend" – was den ersten irischen Nachweis dieser Art darstellte. Auf welchen Routen die Hornisse in die irische Hauptstadt gelangt war, lässt sich kaum mehr nachvollziehen. Doch das Interesse der Forschenden am Herkunftsort dieses Individuums ist verständlich: Kam es aus Europa herüber, oder existiert ein bisher unbekanntes Einfallstor, durch das die Hornissen aus Südostasien nach Irland gelangen können?

Eine genetische Untersuchung sollte Klarheit bringen. Das Team vom Nationalmuseum von Irland und dem University College Cork (UCC) verglich die gewonnenen Erbgutinformationen mit Proben von mehreren anderen Standorten in ganz Europa. Das Ergebnis lieferte eine Überraschung: Alles deutet darauf hin, dass die asiatischen Hornissen in Europa von einer einzigen befruchteten Hornissenkönigin abstammen.

Genauerer Nachweis

"Schon frühere Arbeiten hatten gezeigt, dass asiatische Hornissen in Europa möglicherweise die gleiche genetische Linie teilten, doch diese Untersuchungen basierten auf einem einzelnen Gen", sagte Eileen Dillane vom UCC. "Wir schauten uns nun zwei weitere Gene an, die einen genaueren Nachweis von Variationen innerhalb der invasiven Population erlauben."

Die asiatische Hornisse gilt nicht als aggressiv.
Foto: APA/AFP/JEAN-FRANCOIS MONIER

Daten von allen drei genetischen Markern bestätigten, dass es offenbar gleichsam eine Urmutter der europäischen Population gegeben hat, die wahrscheinlich 2004 in Frankreich ankam. Die im "Journal of Hymenoptera Research" vorgestellten Ergebnisse führen vor Augen, wie leicht staatenbildende Insekten neue Regionen erobern können. "Unsere Forschung hat das bemerkenswerte Potenzial von eusozialen Insekten in befallenen Gebieten aufgezeigt, selbst wenn die ursprüngliche genetische Vielfalt extrem gering ist", sagte Simon Harrison vom UCC.

Hoffnung auf biologische Bekämpfung

Doch es gibt auch gute Nachrichten: Die enge Verwandtschaft aller Individuen der asiatischen Hornisse in Europa könnte die Grundlage einer sehr spezifischen biologischen Waffe im Kampf gegen die asiatische Hornisse werden.

Irland muss sich derweil noch nicht gegen eine größere Invasion wappnen, weder das dortige Klima noch der Lebensraum sind ideal für das Gedeihen der asiatischen Hornisse. Dass sich das ändern wird, dürfte jedoch nur eine Frage der Zeit sein. "Der Klimawandel wird wahrscheinlich die Gefahr einer erfolgreichen Invasion in Zukunft erhöhen", meinen die Autorinnen und Autoren. (tberg, 11.12.2022)