In Ungarn ist die Preisstützung für Benzin und Diesel aufgehoben.

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Ungarns Ministerpräsident Viktor Orbán hat die unhaltbar gewordene Deckelung der Spritpreise aufgehoben. Der Schritt kam überraschend und dennoch in letzter Minute. Am letzten Wochenende und zu Wochenbeginn waren viele Tankstellen leergepumpt.

Es bildeten sich lange Warteschlangen. Der ungarische Mineralölkonzern Mol sprach von einem "Hamsterverhalten" der Autofahrer. Mit 480 Forint (1,17 Euro) hatten die Ungarn so wenig für Benzin und Diesel bezahlt wie sonst niemand in der EU. Die Benzinpreisdeckelung galt seit 1. November des Vorjahres. Anfangs nutzten sie viele Österreicher im Grenzgebiet, um in Ungarn billig zu tanken.

Regelung galt seit Ende Mai

Ende Mai verfügte Orbán, dass nur mehr in Ungarn zugelassene Fahrzeuge zum Billigpreis betankt werden durften. Vermutlich verstieß das gegen EU-Recht, weil die Bürger anderer EU-Staaten diskriminiert wurden. Im Juli schränkte Orbán das vergünstigte Tanken auf Fahrzeuge ein, die auf Privatpersonen zugelassen waren. Davon ausgenommen waren nur Taxis. Mit dem Wegfall der Deckelung sind die doppelten Preise nun Geschichte.

Für die Betreiber der Tankstellen und private Pächter sah die Orbán-Regierung nur minimale Ausgleichszahlungen vor. Ausländische Konzerne wie OMV und Shell stellten ihre Spritverkäufe nach Ungarn ein, weil sie die Verluste nicht schlucken wollten. Die Treibstoffversorgung lag dann allein in Händen der Mol. Sie machte sogar Gewinne, weil sie das Benzin in ihrer Raffinerie Százhalombatta aus russischem Erdöl herstellt. Der Preis, den Ungarn dafür bezahlt, liegt weit unter dem Weltmarktpreis. Russisches Öl ist, weil es durch Pipelines kommt, von den EU-Sanktionen ausgenommen.

Treibstoffmarkt vor dem Kollaps

Ungarns Treibstoffmarkt stand Experten zufolge kurz vor dem Zusammenbruch. Bis Donnerstag normalisierte sich die Lage einigermaßen. Warteschlangen gab es keine mehr, einige Tankstellen blieben noch bei maximalen Abgabemengen, berichtete Eszter Bujdos, Geschäftsführerin des Benzinpreisvergleichsportals holtankoljak.hu. Von den höheren Preisen wird Mol nichts haben. Per Verordnung hat Orbán in der Nacht auf Donnerstag die Übergewinnsteuer für den Konzern von 40 auf 95 Prozent erhöht.

(Gregor Mayer aus Budapest, 9.12.2022)