Kroatiens Premier Andrej Plenković mit EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen.

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In der Silvesternacht wurde dort, wo die Schengen-Kontrolle zu Ungarn und Slowenien aufgehoben wurde, gefeiert. 73 überflüssig gewordene Grenzübergänge werden nun abgeschafft. Der erstmals gleichzeitige Beitritt eines EU-Staates zur Schengen- und Eurozone, zehn Jahre nach dem EU-Beitritt, ist zweifellos ein Erfolg des konservativen Premiers Andrej Plenković. Millionen Europäerinnen und Europäer werden davon profitieren, weil sie ohne Wartezeiten in den Urlaub reisen können und ihre Euro nicht mehr in Kuna wechseln müssen. Die kroatische Tourismusbranche erwartet einen Zuwachs von fünf Prozent. Gut ist auch, dass die Währungsbezeichnung "Kuna", die im faschistischen NDH-Staat Kroatien (1941–1945) verwendet wurde, nun der Geschichte angehört.

Kein stärker werdender europäischer Geist

Es gibt aber auch Schattenseiten. Die Grenze zu Bosnien-Herzegowina – früher die Militärgrenze zwischen der Monarchie und dem Osmanischen Reich – wird wieder zunehmend militarisiert. Auch der Zaun zwischen Ungarn und Kroatien wurde noch nicht abgebaut. Mit dem Euro- und Schengen-Beitritt ist leider auch kein stärker werdender europäischer Geist in Kroatien verbunden. Zagreb hat noch nicht einmal den Schiedsspruch zur Grenze mit Slowenien aus dem Jahr 2017 akzeptiert. Gleichzeitig wächst die nationalistische Einmischungspolitik gegenüber dem Nachbarstaat Bosnien-Herzegowina. Doch es ist genau diese Sucht nach Vorrang, diese vermeintliche Überlegenheit, die das europäische Kroatien hindert. (Adelheid Wölfl, 1.1.2023)