Ende 2023 ist Schluss mit der GIS nach bisherigem Muster und mit GIS-freiem Streaming. Über das nächste Finanzierungsmodell wird verhandelt.

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Drei Viertel der Menschen in Österreich verlangen in einer STANDARD-Umfrage des Linzer Market-Instituts Einsparungen im ORF, damit der öffentlich-rechtliche Medienriese auch künftig ausgeglichen bilanzieren kann. ORF-Chef Roland Weißmann hat zwei- bis dreistellige Millionenverluste* ab 2024 prognostiziert. Mehr öffentliches Geld für den ORF befürworten in der Umfrage nur rund 13 Prozent.

Eine tiefe Finanzlücke hat ORF-Generaldirektor Weißmann ab 2024 beim öffentlich-rechtlichen Rundfunk in Aussicht gestellt: 70 Millionen Minus, im Jahr darauf 90 und 2026 ganze 130 Millionen Verlust. Bis zu 90 Millionen Euro pro Jahr entgehen dem ORF laut eigener Hochrechnung auf Sicht durch bisher GIS-freies Streaming.

GIS auch für Streaming

Der Verfassungsgerichtshof verlangt ab 2024 eine Neuregelung der ORF-Finanzierung, die künftig alle wesentlichen Nutzungsmöglichkeiten umfassen muss – und damit auch Streaming. Die Möglichkeiten: GIS auch für Internetnutzung, eine Haushaltsabgabe wie in Deutschland und der Schweiz unabhängig von Empfangsmöglichkeiten oder eine Budgetfinanzierung – wie von der grünen Mediensprecherin Eva Blimlinger vorgeschlagen.

Rund 650 Millionen Euro nimmt der ORF derzeit mit der GIS ein. Rund 720 bis 740 Millionen Euro – darüber gab es unterschiedliche Angaben aus dem Unternehmen und seinem Aufsichtsgremium – wären nötig, damit der ORF nicht in die Verlustzone kommt.

ORF kann "Leistungsangebot nicht fortschreiben"

Andernfalls könne der ORF sein "umfangreiches Leistungsangebot nicht uneingeschränkt fortschreiben", erklärte ORF-General Weißmann im Dezember seinen Stiftungsräten. Sprich: Er müsse sein Angebot kürzen.

Für solche Sparmaßnahmen an Strukturen und Angeboten sprechen sich nun in der STANDARD-Umfrage von Market gleich 76 Prozent der Menschen aus.

Fans von FPÖ, MFG und Bierpartei fordern Einsparungen

Am deutlichsten ist die Forderung nach Einsparungen im ORF bei Anhängern der MFG (100 Prozent), der FPÖ (92 Prozent) und der Bierpartei (80 Prozent). Unter den Befragten waren allerdings nur fünf Fans der MfG (und 46 der Bierpartei).

Knapp über dem Schnitt plädieren auch Anhänger der Kanzlerpartei ÖVP (78 Prozent) und der Neos (77 Prozent) für Einsparungen, damit der ORF ausgeglichen bilanzieren kann.

Junge, Grüne, SPÖ und Städter haben Verständnis für höheren ORF-Finanzbedarf

Überdurchschnittliches Verständnis für einen höheren Finanzbedarf des ORF zeigen jüngere Menschen zwischen 16 und 29 Jahren, Menschen in Ausbildung, mit höherer Bildung, leitende Angestellte und Beamte sowie Facharbeiter und Landwirte, Menschen in Ostösterreich und vor allem großen Städten.

Großes Verständnis für mehr öffentliches Geld für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk zeigen Anhänger der Grünen – mit gleich 31 Prozent Zustimmung – und der SPÖ mit 25 Prozent.

Eine STANDARD-Umfrage im September 2022 zeigte, dass eine Mehrheit der Menschen in Österreich bezweifelt, ob der ORF die GIS-Gebühren wert ist. Die Daten zeigten damals, dass die Beurteilung der Leistungen des ORF in hohem Maße von der politischen Einstellung abhängig ist – "aber insgesamt gibt es viel Luft nach oben, eine Seligsprechung für den ORF ist das nicht gerade", erklärte Market-Institutschef David Pfarrhofer. Nur ein Fünftel aller Befragten vergab die Noten Eins oder Zwei für den Wert der Leistungen des ORF. (fid, 2.1.2023)