Blümels Klage wegen eines Twitter-Postings war erfolglos.

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Im Rahmen eines Twitter-Postings bezeichnete Wolfgang Pechlaner die türkise Regierung im Juli 2021 als "korrupt und machtgeil". Eine Aussage, die eine Klage des damaligen Finanzministers Gernot Blümel (ÖVP) nach sich zog. Dieser wurde in besagtem Beitrag namentlich genannt. Erfolglos. Mitte Dezember entschied das Oberlandesgericht (OLG) Wien, dass die damals geäußerte Kritik zulässig war. Der Angeklagte wurde freigesprochen.

Inzwischen kann das Urteil auch in schriftlicher Fassung eingesehen werden, wie Medienanwältin Maria Windhager – sie vertritt auch den STANDARD in medienrechtlichen Angelegenheiten – am Dienstag bekanntgab. Nachzulesen sei dieses auf der Webseite ihres Mandanten.

"Grenzen akzeptabler Kritik"

In einem Twitter-Thread gibt Windhager zudem Einblick in die Begründung für den Gerichtsentscheid. "Wenn verschiedene Auslegungen nicht ausgeschlossen werden können, ist von der für den Angeklagten günstigsten Variante auszugehen", schreibt sie dort. Eine wichtige Rolle spiele dabei das Vor- und Begleitwissen von Rezipientinnen und Rezipienten. Hinzu komme, dass die Grenzen akzeptabler Kritik bei Politikern weiter gesteckt seien als bei Privatpersonen. Pechlaners Tweet werde laut der Anwältin "daher als allgemeiner moralischer Vorwurf zur politischen Verantwortung verstanden".

Im Urteil selbst heißt es außerdem, dass es sich bei Pechlaners Aussage "diese Partei ist vergesslich und korrupt" im Zusammenhang mit der Nennung Blümels um eine "süffisante Anspielung auf dessen Aussageverhalten im Untersuchungsausschuss" handle, da dieser "dort viele Fragen damit beantwortete, sich nicht mehr erinnern zu können". Es handle sich deshalb lediglich um "eine kritische Bewertung des Handelns der 'türkisen Führung' einschließlich des Antragstellers". Das Tatsachensubstrat sei zwar dünn, aber hinreichend.

Freie Meinungsäußerung

Das OLG führt weiter aus, dass es sich bei dem besagten Tweet zwar um "eine grob formulierte Unmutsäußerung und Wertung" handle. Das Recht auf freie Meinungsäußerung schütze aber "nicht nur stilistisch hochwertige, sachlich vorgebrachte und niveauvoll ausgeführte Bewertungen, sondern jedwedes Unwerturteil, das nicht in einem Wertungsexzess gipfelt".

Das Urteil des OLG Wien folgte einer Berufungsverhandlung im vergangenen Dezember. Das Straflandesgericht hatte in erster Instanz noch zugunsten von Blümel entschieden. (red, 4.1.2023)