Zusätzliche Aufgabe für Marcus Wadsak. Der ORF-Wetterchef moderiert auch das von Gerhard Maier konzipierte "ZIB-Magazin Klima", das immer samstags um 20 Uhr in ORF 1 auf dem Programm steht. Wadsak und Maier wechseln sich ab.

Foto: ORF/Roman Zach-Kiesling

Wien – Auch wenn es derzeit nicht so aussieht: "Wir werden noch eine längere Zeit Ski fahren können", sagt ORF-Wetter- und -Klimaexperte Marcus Wadsak, allerdings sinke die Schneesicherheit – vor allem zu Beginn der Saison. Um Themen wie Schnee, Klimaschutz, Nachhaltigkeit und Energiewende geht es im "ZiB Magazin Klima". Wadsak moderiert es ab Samstag alternierend mit Gerhard Maier, der das Format entwickelt hat und seit April 2022 samstags um 20 Uhr in ORF 1 präsentiert.

STANDARD: Das "ZiB Magazin Klima" gibt es seit April 2022. Wurden Sie jetzt als Zugpferd verpflichtet, um es populärer zu machen?

Wadsak: Nein, das Klimamagazin ist gut etabliert, ich darf es ergänzend moderieren, damit Gerhard Maier auch einmal frei haben kann. Es ist mir Freude und Ehre dabei sein zu dürfen.

STANDARD: Silvester hat für einen Temperaturrekord gesorgt, und das Jahr beginnt mit den wärmsten Tagen seit Messbeginn. Bekommen wir wieder einmal drastisch die Auswirkungen des Klimawandels vor Augen geführt?

Wadsak: Silvester war heuer in ganz Europa bemerkenswert warm. Das Neujahrswetter von heuer ist als Einzelereignis aber kein Beweis oder Anzeichen für den Klimawandel. Es ist die Anhäufung solcher Extremwetterereignisse und das Ausmaß. Der alte Neujahrsrekord hat ja gerade einmal ein Jahr gehalten und wurde heuer gleich wieder um fast ein Grad übertroffen.

STANDARD: Die "Winterhitzewelle", von der jetzt die Rede ist, war bis vor kurzem auch nicht Teil des Wortschatzes vieler, oder?

Wadsak: Nein, wir haben auch in der ORF-Wetterredaktion lange diskutiert, ob wir es so verwenden wollen. Aber ja, wir erleben immer öfter Wetter, wie es noch nie zuvor war – dafür braucht es auch neue Begriffe. So gibt es Sommertage ab 25 Grad, Hitzetage ab 30, aber noch keinen Begriff für Tage mit 35 oder 40 Grad und mehr. Auch darüber müssen wir uns langsam Gedanken machen.

STANDARD: Der Wintertourismus stöhnt und leidet unter Schneemangel. Zahlt es sich überhaupt noch aus, dass die Kinder Ski fahren lernen?

Wadsak: Ich gehe gerne Ski fahren, und es gehört doch sehr stark zur österreichischen Tradition. Wir werden noch eine längere Zeit Ski fahren können. Allerdings sinkt die Schneesicherheit, besonders in tiefen Lagen und vor allem zu Beginn der Saison, also zu Weihnachten und Silvester. Damit wird es wohl leider auch noch teurer.

STANDARD: Sprechen Sie noch vom Klimawandel, oder verwenden Sie auch nur mehr den Begriff Klimakrise?

Wadsak: Wenn es um die physikalischen Veränderungen in unserer Atmosphäre geht, spreche ich weiterhin vom Klimawandel. Dort, wo dieser bereits große Zerstörung anrichtet, halte ich das Wort Krise für angebracht. Spätestens wenn Menschen sterben, könnten wir uns auf Klimakatastrophe einigen.

STANDARD: Sie legen Wert darauf, vom menschengemachten Klimawandel zu sprechen. Warum ist Ihnen diese Botschaft so wichtig?

Wadsak: Weil sich das Klima in der Erdgeschichte schon immer geändert hat. Allerdings gab es damals andere Ursachen. Heute sind es wir Menschen, die die globale Erwärmung verursachen. Darüber herrscht wissenschaftlicher Konsens. Und es ist auch wichtig das genauso zu sehen und zu verstehen. Denn aus dem Faktum, dass wir die aktuelle globale Erwärmung verursachen, folgt ja direkt, dass wir sie auch stoppen und etwas dagegen tun können.

STANDARD: Werden die Klimawandelleugnerinnen und Klimawandelleugner langsam weniger, oder bleibt noch viel zu tun?

Wadsak: Sie werden immer weniger. Der menschengemachte Klimawandel ist physikalisch verstanden und wissenschaftlich klar belegt. Dagegen kommt man nicht an. Das merken die Leugner auch und werden daher etwas lauter. Vergeblich allerdings.

STANDARD: Das Klimathema ist mittlerweile medial breit verankert und präsent. Braucht es überhaupt eigene Magazine wie das "ZiB Magazin Klima", um es noch mehr in den Fokus zu rücken?

Wadsak: Es braucht immer noch mehr Aufklärung zum Thema Klimawandel, vor allem was wir jetzt dagegen tun können. Es ist wichtig und gut, dass das Thema immer mehr Platz findet. Ich sehe das auch als eine klassische Aufgabe eines öffentlich-rechtlichen Senders.

STANDARD: Grundsätzlich müsste es sich ja durch alle Nachrichtensendungen ziehen. Geschieht das beim ORF in ausreichendem Maße?

Wadsak: Ja, es gibt kaum noch eine Sendung oder ein Magazin, wo ich noch nicht zum Thema Klimawandel zu Gast war, wir haben jedes Jahr einen Schwerpunkt "Muttter Erde" und eben auch ein Klimamagazin. Aber klar, mehr geht immer.

STANDARD: Herrscht in Sachen Bebilderung schon genügend Sensibilität, dass Artikel und Berichte über Temperaturrekorde nicht mit positiv konnotierten Bildern illustriert werden?

Wadsak: Im ORF haben wir Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter schon vor Jahren geschult und sensibilisiert, und ich bin mit der Berichterstattung sehr zufrieden.

STANDARD: In Ihrem Buch "Klimawandel" widmen Sie sich auch dem Thema Lebensmittel und Ressourcenverschwendung. In Deutschland wird gerade darüber diskutiert, das Containern, also das Rausfischen noch genießbarerer Lebensmittel aus den Abfalleimern der Supermärkte, straffrei zu stellen. Sollte das in Österreich auch passieren?

Wadsak: In Österreich werden solche Lebensmittel zum Beispiel bei der Tafel Österreich an Bedürftige weitergegeben. Wenn wir bedenken, dass ein Drittel unserer Lebensmittel weggeworfen wird, besteht hier Handlungsbedarf.

STANDARD: Sie sind ja aufgrund der Ungenauigkeit kein Freund von Wetter-Apps, viele andere schon. Wird es eine eigene ORF-Wetter-App geben?

Wadsak: Das gesamte Wetterangebot ist schon derzeit in der ORF-News-App zu finden, und das ist gut so. (Oliver Mark, 6.1.2023)