Haben Sie schon mal daran gedacht, Chicken-Wings auf Ihre Pizza zu legen? Ihre Lasagne mit Nutella zu füllen und mit Marshmallows zu überbacken? Oder Ramennudeln zum Burgerbun zu entfremden? Nein?

Nun, dann haben Sie womöglich Geschmack, gelten aber als gestrig. Zumindest wenn es nach den Prognosen von Food-Trend-Scouts geht, die für das Jahr 2023 voraussagen, wie sich das Essverhalten ändern bzw. welche Entwicklungen sich in den Restaurants niederschlagen werden. Zwei wichtige Strömungen setzen sich aus dem letzten Jahr fort: der Trend hin zu weniger Fleischkonsum und zu pflanzlichen Alternativen; dazu jener zu alkoholfreien Cocktails und Mixgetränken. Das ist löblich, aber keine aufregende Neuerung.

Essen soll nicht immer nur Verzicht oder die Suche nach Alternativen sein, man will sich auch an überraschenden Geschmacksnoten ergötzen. Deshalb Bühne frei für den dritten Ernährungstrend 2023: Chaos-Cooking. Und nein, das ist nicht das, was man vielleicht regelmäßig in der eigenen Küche veranstaltet.

Lust auf Sushi in Burrito-Form?
Foto: Getty Images/iStockphoto/Thanapong Suthin

Chaos-Cooking ist eine neue Variante der Fusionsküche. Nicht subtil, sondern laut, bunt und fast ein wenig pervers anmutend: Es gibt Cheeseburger-Arancini und Big-Mac-Pizza, Tacos mit Pastrami, Spaghetti in Tandoorisauce, Erdäpfelpüree aus Chips, polnische Pierogis in Bratensauce und Ravioli mit Burgerfüllung. Es gibt rote Bohnen und Reis nach Cajun-Art auf Nachos.

Clash der Esskulturen

Beim Chaos-Cooking geht es also nicht um die Fusion von italienischer Küche mit japanischer Technik. Sondern um Gerichte, die klingen, als wären vier Küchen bei einer verrückten Mutprobe mit dem Stabmixer püriert worden. Vor ein paar Jahren wären manche der Geschmackskombinationen noch als Gag eines Erlebnisrestaurants durchgegangen, heute gelten sie als Foodtrend zum Nacheifern.

Was ist passiert? Social Media ist passiert. Auf Tiktok und Instagram entstehen Essentrends, die sich nicht mehr an althergebrachte Regeln der Gastronomie halten, sondern Spaß am Essen und Experimentierfreude fördern wollen. Warum sich zurückhalten, wenn man Zugang zu so vielen Gewürzen, so vielen Geschmäckern hat? Videos, die unter den Begriff Chaos-Cooking fallen, gehen viral, sorgen für Nachahmer und neue Ideen. Wo und wann sieht man sonst die Zubereitung von indonesischem Streetfood oder nigerianischen Teigtaschen? Dank Tiktok sind internationale Gerichte zugänglicher als je zuvor.

Faszinierende Kombinationen

Es wäre aber falsch, Chaos-Cooking als reine Social-Media-Entwicklung abzutun, bei der es einzig um die Erzeugung kurzer kulinarischer Schockmomente geht. Die Kochchaoten wollen, dass man sich intensiv mit dem Thema Essen und der authentischen Verbindung von Gerichten auseinandersetzt.

In Wien geht zum Beispiel das Restaurant Steirasia im neunten Bezirk in diese Richtung und serviert asiatische Küche mit steirischem Einfluss. In den "Steira-Rolls" werden klassische Sushi-Zutaten wie Reis und Avocado mit Kernöl, Kren und Preiselbeeren vereint. Auch im Lokal KitchA in der Wollzeile im ersten Bezirk steht eine ungewöhnliche Kombi auf der Karte: Sushi-Taco, wahlweise gefüllt mit Guacamole, Thunfisch oder Crispy Tofu.

Es geht beim Chaos-Cooking also darum, ohne Scheu zu experimentieren, die Einflüsse unterschiedlicher Küchenkulturen zu verbinden und dabei zu faszinieren. Vor allem aber: Es soll am Ende auch schmecken! Würden Sie nicht gerne einmal Popcorn mit Käse und Chorizo probieren? Eben. (rec, 7.1.2023)