Was Johann Gudenus und Heinz-Christian Strache auf Ibiza trieben, blieb straflos – aber nicht ohne Konsequenzen.

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Für hunderttausende Euro ein Mandat im Nationalrat zu verkaufen, gegenüber Oligarchinnen korruptive Versprechungen für den Fall einer künftigen Regierungsbeteiligung zu machen: Dass beides bislang nicht strafbar war, erstaunte und empörte zu Recht. Das Ibiza-Video und andere Enthüllungen rund um das Gebaren des früheren FPÖ-Chefs Heinz-Christian Strache haben eklatante Lücken im Korruptionsstrafrecht offengelegt – ganz abgesehen von der Frage, welche Aussagen in der Finca tatsächlich die rote Linie des Gesetzes überschritten hätten.

Dennoch dauerte es geschlagene drei Jahre, bis sich die türkis-grüne Regierung auf eine Reform des Korruptionsstrafrechts geeinigt hat – trotz Dauerfeuers anderer Korruptionsaffären. Vor allem die ÖVP stand dem Vernehmen nach auf der Bremse; Justizsprecherin Michaela Steinacker wollte ein Korruptionsstrafrecht "mit Augenmaß". Das irritierte vor allem angesichts der Tatsache, dass die ÖVP selbst nach wie vor Beschuldigte in der Causa Umfragen ist.

Freie Wahlen, freie Kandidatenschaft

Beginnt man allerdings, die Sachverhalte zu abstrahieren, ist durchaus nachvollziehbar, dass die gesetzliche Umsetzung der geforderten Verbote nicht ganz einfach ist. Man nehme den Mandatskauf: Es ist eines der wichtigsten Prinzipien der Demokratie, dass Parteien frei und unabhängig entscheiden dürfen, welche Kandidatinnen und Kandidaten sie für Wahlen aufstellen. Hier strafrechtlich in die Beweggründe einzugreifen, ist heikel. Anders als bei Postenvergaben gibt es bei einer politischen Wahl ja keine formalen Voraussetzungen, anhand derer man bewerten könnte, wie gut jemand für ein Mandat qualifiziert ist. Zu differenzieren, ob jemand wegen seiner persönlichen Eigenschaften, seines Netzwerks oder eben wegen Geldflüssen einen guten Listenplatz erhalten hat, dürfte schwierig sein – abgesehen davon sind hohe Parteispenden mittlerweile ja ohnehin verboten.

Schwierige Beweisbarkeit

Bei der "Lex Ibiza", also Bestechlichkeit mit Blick auf ein künftiges Amt, ist die legistische Umsetzung wohl etwas einfacher. Allerdings zeigt sich bereits jetzt in der Praxis, wie eng Gerichte den Korruptionsbegriff auslegen. Erst am Dienstag wurde Strache erneut freigesprochen, da ging es um Hilfe für einen befreundeten Privatklinikbetreiber, der zuvor an die FPÖ gespendet hatte. Politisch sauber waren die Vorgänge nicht, eher im Gegenteil. Die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft schaffte es jedoch nicht, das Gericht von einer strafbaren Handlung zu überzeugen. Das ist auch sehr schwierig: Korruption ist eben nicht wie ein Mordfall, bei dem es haufenweise forensische Beweise gibt; sondern sie lässt meist Interpretationen und Zweifel zu.

Dennoch ist unabdingbar, dass auf das Ibiza-Video nun eine Gesetzesreform folgt. Zu hoffen ist, dass Türkis-Grün die entsprechenden Vorhaben einer langen Begutachtung mit öffentlicher Beteiligung unterzieht. Der wichtigste Ort, um politisch korrupte Handlungen zu bestrafen, sollte neben dem Gericht weiterhin die Wahlurne sein. (Fabian Schmid, 11.1.2023)