In Österreich sind die Klimaaktivistinnen und Klimaaktivisten auf den Straßen gesessen, anderswo haben sie gesessen.

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Wir bedauern! "Vermurkst" ist die Fehlerkolumne des STANDARD, in der wir unsere publizistischen Missgeschicke anzeigen.

Doris Priesching und Sebastian Fellner

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Die Weihnachtsfeiertage sind vorbei, was für die STANDARD-Redaktion einen massiven Stressabfall bedeutet. Denn das ultimative Germanismus-Fettnäpfchen ist für die kommenden elf Monate nicht mehr akut gefährlich – im ersten Vermurkst dieses Jahres berichteten wir über die Formulierung an Weihnachten, die unter unseren Leserinnen und Lesern höchst verpönt ist. In Österreich trifft man die Familie zu Weihnachten. Das heißt nicht, dass es in Monaten ohne D am Anfang nicht genug solcher Fallen gäbe.

Ein aufmerksamer Leser weist uns etwa darauf hin, dass in dieser Zeitung häufig das Hilfswerb "haben" genutzt wird, obwohl "sein" in Österreich gebräuchlicher ist: In einem Bericht über jene Menschen, die bewusst den Verkehr blockieren, schrieben wir eingangs: "Zuletzt hatte der Fokus der Klimaaktivistinnen und -aktivisten der Letzten Generation auf den Bundesländern gelegen", was grammatikalisch korrekt, aber nicht ganz österreichisch ist. Laut Duden gilt hierzulande und in Süddeutschland: Etwas oder jemand ist gelegen. Auch wenn die festgeklebten Aktivistinnen und Aktivisten ohnehin eher sitzen (zuerst auf der Straße, später manchmal auch im Gefängnis, Pardon, Häfn).

Ungenau formuliert

Hans Rauschers Kolumnen behandeln oft kontroversielle Themen – Anfang Jänner etwa die Gewalt-Tendenz junger Männer mit und ohne Migrationshintergrund. Im Forum wurde aber nicht nur über Rauschers These, dass der Mangel an Perspektive junge Männer gefährlich mache, eifrig diskutiert, sondern auch über folgende Formulierung: "Auf die Gefahr hin, einen Shitstorm zu provozieren: Welcher ‚fremden Kultur‘ gehörten denn die arbeitslosen jungen Männer an, die bei uns in den Dreißigerjahren zur SA gingen und Menschen totprügelten? Zu welcher ‚fremden Kultur‘ gehörten 17-Jährige wie der spätere SPÖ-Politiker Helmut Zilk, der spätere FPÖ-Politiker Friedrich Peter und der spätere deutsche Schriftsteller Günter Grass, die sich mit 17 freiwillig zur Waffen-SS meldeten?"

Zilk sei nie bei der Waffen-SS gewesen, wurde zu Recht bemerkt. Das ist richtig. Kollege Rauscher hat nach eigenem Eingeständnis "ungenau und unvollständig formuliert". Er habe gewusst, dass Zilk von seinem Vater abgehalten wurde, die Anmeldung auch durchzuführen. Das habe er vor Jahrzehnten von Zilk selbst so erzählt bekommen. Für Rauscher habe die Formulierung "freiwillig gemeldet" nicht notwendigerweise bedeutet, dass es auch tatsächlich zum Beitritt zur Waffen-SS gekommen sei. Das musste aber vom Leser so verstanden werden und sei daher ein Fehler.

Es gibt auch noch eine andere Version, die ein ehemaliger enger Mitarbeiter von Zilk mitteilt: Demnach sei in der Klasse von Zilk ein Offizier erschienen, um die ganze Klasse zur Meldung zur Waffen-SS aufzufordern. Nur Zilk habe aus Respekt vor seinem Vater nicht unterschrieben. Diese letzte Version wurde dann in der Kolumne eingefügt. (Sebastian Fellner, 17.1.2023)