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Es klingt wie ein schlechter Scherz, dürfte aber ernst gemeint sein: Nach dem Kollaps der Kryptobörse FTX und dem dadurch verursachten Erdbeben in der Branche sind Pläne für eine neue Kryptobörse namens GTX aufgetaucht. Wie aus einer Präsentation der Initiatoren hervorgeht, will die Börse den Handel mit Schuldverschreibungen geschädigter Anleger ermöglichen.

Der Grundgedanke der Börse ist offensichtlich: Meldet eine Börse Insolvenz an, fallen die Assets in die Insolvenzmasse, und die geschädigten Anleger müssen oft jahrelang warten, um zumindest einen Teil ihres Investments wiederzusehen. GTX würde es mittels Schuldverschreibungen ermöglichen, dass die Gläubiger ihre Ansprüche gegen eine neue Währung tauschen und mit dieser sofort handeln können. Wer von den Ereignissen der letzten Monate noch nicht abgeschreckt worden ist, hat dann womöglich die Hoffnung, aus den geringen Ansprüchen noch einen hohen Profit schlagen zu können. Und selbst dann sollte man sich die Geschäftsbedingungen genau durchlesen, um das mögliche Schicksal ehemaliger Celsius-Kunden ausschließen zu können.

Neue Idee, alte Bekannte

Sollte man bis jetzt noch keine Bedenken gehegt haben, könnten spätestens die vier Initiatoren berechtigten Zweifel am Projekt wecken. Wie die "Financial Times" berichtet, stecken nicht nur Su Zhu und Kyle Davies, die Gründer des zusammengebrochenen Krypto-Hedgefonds Three Arrows Capital (3AC), dahinter. Ebenfalls an Bord sind Sudhu Arumugam und Mark Lamb, ehemals verantwortlich für die Kryptobörse Coinflex. Beide Unternehmen sind seit letztem Jahr zahlungsunfähig, gegen Three Arrows Capital laufen mehrere Verfahren, und bei Coinflex versucht man, geschädigte Anleger zu einem Ausgleich mit einer neu aufgelegten Kryptowährung zu überreden. Wo man damit handeln kann, bleibt ein Geheimnis, würde aber das Engagement bei GTX erklären.

Weniger Gedanken dürften sich die Herrschaften über den Namen selbst gemacht haben. Neben einer gewissen Dreistigkeit dürfte er auch namensrechtliche Probleme nach sich ziehen, gibt es doch allein mit Volkswagen und Nvidia sogar zwei sehr prominente Unternehmen, die in der Vergangenheit diese Bezeichnung für ihre Produkte verwendet haben. Dass der Buchstabe G im Alphabet nach F kommt, dürfte vor Gericht jedenfalls wenig Überzeugungskraft haben. Deutlich mehr Überzeugungskraft bräuchten die Initiatoren jedenfalls schon vor einem absehbaren Gerichtstermin – nämlich für jene Geldgeber, die dieses gewagte Projekt mit 25 Millionen US-Dollar finanzieren sollen.

Lichtblick für FTX-Kunden, viel Potenzial für andere

Mitverantwortlich für einen geplanten Vorstoß dieser Art könnte möglicherweise auch der Umstand sein, dass Kunden und Anleger der kollabierten Kryptobörse FTX überhaupt auf Zahlungen aus der Insolvenzmasse hoffen können. Ein Anwalt von FTX sagte vor wenigen Tagen, dass Bargeld, Kryptowährungen und Wertpapiere in der Höhe von ungefähr fünf Milliarden US-Dollar sichergestellt worden seien. Zudem sei der Verkauf von Unternehmensteilen mit einem Buchwert von mehreren Milliarden US-Dollar geplant.

Die Präsentation zur neuen Kryptobörse kalkuliert in diesem Zusammenhang damit, dass dieser Markt für offene Ansprüche mit 20 Milliarden US-Dollar zu beziffern sei. Man müsse daher bewusst das "Machtvakuum" ausnutzen, das FTX hinterlassen habe, und mit der neuen Plattform den "Appetit" der Gläubiger auf Kryptotrading ansprechen. Auch betont man, dass sich nur ehemalige Nutzer insolventer Plattformen als neue Kunden qualifizieren könnten, nicht aber deren Mitarbeiter. Dass das für die Gründer von GTX auch Gültigkeit haben wird, darf an dieser Stelle bezweifelt werden. (bbr, 18.1.2023)