Es ist zum Verrücktwerden: Grischka Voss in ihrem Menopausen-Solo in der Drachengasse.

Foto: Klaus Vyhnalek

Bei Grischka Voss ist Menopause angesagt. Sie vergräbt ihr Gesicht unter Rasierschaumwürsten, wringt von den Hitzewallungen durchnässte Kleider in einen Kübel, klopft sich auf den Schoß, dass es weiß aufstiebt: "staubtrocken". Ihre Freundin – sie ist bisexuell – hat sie verlassen, weil sie die Menopausale nicht mehr ertragen hat. Wobei das mit der Menopause nicht so simpel ist, es gibt dar in mehrere Phasen, wie man in F*ing hot! lernt. Der Abend ist quasi eine Menopausologie. Oh menno, Menopause!

I wo! Ja, Menopause nervt, aber Voss liegt an einer Umdeutung. Menopause bedeutet schließlich auch viel Lust, Sex ohne Verhüten, dass einer allmählich egal ist, was die anderen denken, und sie sich traut, zu sein, wie sie ist. Im Theater Drachengasse steht deshalb die Bühne (Ágnes Hamvas) im Saft, Gras sprießt an Boden und Wänden. Hier rotiert Voss 90 Minuten (Regie: Kristina Bangert und Voss).

"Rache der alten Penisse"

In dem von ihr selbst verfassten Stück berührt Voss (53) Kulturanthropologie, Medizin, Sexualität, Schönheitsideale. Eine Therapie gegen Inkontinenz: schon absolviert. Jetzt zieht sie sich das Gesicht straff, versucht, Sisyphos gleich, Busen und Hintern nach oben zu bugsieren. Sie singt und erzählt von frühen matriarchalen Gesellschaften, in denen Frauen Ackerbau betrieben und ihr Gut in weiblicher Linie weitervererbten. Das habe den Männern nicht gepasst, Patriarchat sei die "Rache der alten Penisse".

Mit Körperkomik und Witz geht Voss sehr sympathisch Klischees, Tabus und Unangenehmes (Vaginalakne) durch. Wenn sie sich Stoffwürste aus dem Jogginganzug zieht, mit denen sie sich Bauch und Hintern gepolstert hat, wird die so emphatische Feministinnenfigur zur etwas schwierigen Karikatur. "Was kommt nach der letzten Menstruation? Eine tolle Frau!" Und ein toller Abend. (wurm, 18.1.2023)