"Dahinplätschern lassen": Armin Wolf will von FPÖ-Chef Herbert Kickl wissen, wie er das Pinkel-Piktogramm zu Klimaprotesten erklärt.

Foto: ZiB 2 ORF-TVthek Screenshot

Herbert Kickl hat in der "ZiB 2" mit außerordentlichen Fähigkeiten beeindruckt: Der FPÖ-Chef kann selbst das von FPÖ-Funktionären verbreitete Daumen-hoch-Piktogramm mit einer Figur, die einem Klimaaktivisten auf den Kopf pinkelt, als besorgte Warnung und Versuch der "Entschärfung" erklären, ohne in schallendes Gelächter auszubrechen.

Illegale Pushbacks, "wenn es nicht anders geht"

Im "ZiB 2"-Interview mit Armin Wolf erläuterte Kickl am Mittwochabend auch gleich, wann er den Bruch geltender Gesetze zulässig findet: wenn etwa ein völkerrechtswidriger "Pushback" an der österreichischen Grenze ohne Annahme eines Asylantrags "die einzige Möglichkeit ist, Menschen vom Betreten des österreichischen Territoriums abzuhalten" und es "nicht anders geht".

Töchter aus der Bundeshymne

Ebenso okay ist es für Kickl, wenn man – wie die FPÖ bei ihrer Neujahrsveranstaltung – die Bundeshymne entgegen der gesetzlich gültigen Fassung ohne "große Töchter" singt. "Es soll uns nichts Schlimmeres passieren", findet der FPÖ-Chef: "Ein freiheitlicher Bundeskanzler wird das wieder ändern" – also zur früheren Version mit der Heimat alleine "großer Söhne" zurückkehren. Statt solchen "Gender-Unfugs" seien die Strafen für Darstellungen von Kindesmissbrauch zu verschärfen.

"Wenn man das weiter so dahinplätschern lässt"

Kickl liefert interessante sprachliche Bilder – etwa zum Pinkel-Piktogramm. Das erklärt der FPÖ-Chef wörtlich etwa so: "Ich glaube, dass das Bild eine Warnung davor ist, dass sich die Situation, die sich hier rund um diese Klimachaoten, manche nennen sie auch Klimaterroristen, entwickelt. Wenn man das weiter so dahinplätschern lässt, wie die Regierung es macht, dass es dann zu einer Eskalation kommen könnte. Das will niemand."

"Hier schaukelt sich eine Situation auf, dass am Ende ein Eskalationsszenario herauskommt. Das will niemand haben", sagt Kickl noch auf Wolfs Nachfrage zu dem Pinkel-Piktogramm.

Entschärfendes Pinkeln

Einmal versucht es Wolf noch ganz konkret: "Warum pinkelt da jemand auf einen Klimaaktivisten?" Kickl: "Das stellt diese Situation hier dar, und es geht darum, diese Situation hier zu entschärfen."

Klar: Was anderes als den Wunsch, dass sich hier alles zum Besseren wendet, könnte das grüne Daumen-hoch-Symbol zum Pinkelbild denn meinen?

Kickls "Druckpunkte"

Als Kickl von "Druckpunkten" spricht, ist man längst nicht mehr beim Pinkelbild und schon zwei, drei Themen weiter. Da hat Kickl bei Armin Wolf schon ausgeführt, dass er bei den Identitären "Dinge" sieht, die er "unterstützenswert" findet. Sorge vor "Überfremdung" etwa erwähnt er, wie er bei Greenpeace den "Kampf gegen Gentechnik" unterstützenswert findet. Er weist zurück, dass die "Klimakrise irrelevant" für ihn sei, auch wenn sich seine Partei öffentlich nur mit den Protesten gegen diese beschäftige. Und er muss auch erklären, warum er von "Klimaterroristen" spricht, aber nicht von "Demoterroristen" bei Protesten gegen Anti-Corona-Maßnahmen, die ja, wie Wolf erinnert, auch schon von angemeldeten Routen abgewichen seien und die Innenstadt "lahmgelegt" hätten.

Bei den "Druckpunkten" geht es um die Außengrenze der von der FPÖ propagierten "Festung Österreich". Solche "Druckpunkte" für Grenzübertritte will Kickl "auch mit baulichen Maßnahmen" schaffen. Ungarns Zaun gegen Serbien helfe doch auch nicht recht, wendet Wolf ein. "Natürlich ist ein Zaun nicht der Weisheit letzter Schluss", sagt Kickl und verweist auf viele andere von der FPÖ geforderte Maßnahmen.

Der Präsident und ein Kanzler Kickl

Und wie will Kickl Bundeskanzler werden, um etwa die Töchter aus der Bundeshymne zu entfernen, wenn Präsident Alexander Van der Bellen ihn schon einmal als Innenminister entlassen habe? Van der Bellen habe ihm das alleine mit dem einschlägigen Vorschlag des damaligen Bundeskanzlers Sebastian Kurz (ÖVP) erklärt und "keine sachliche Begründung" geliefert. Der Präsident habe "ein Problem, eine Erklärung für meine Entlassung zu finden", erklärt Kickl: Man werde sehen, ob er ihn nicht mit der Regierungsbildung beauftrage, wenn die FPÖ bei der nächsten Nationalratswahl stimmenstärkste Partei werde.

"Welche Gesetze, die Ihnen nicht gefallen, ignorieren Sie sonst noch?", will Armin Wolf zum Schluss wissen.

"Da fallen mir im Moment keine ein", lässt sich Kickl nach den Pushbacks auch für Töchter in der Bundeshymne alle Möglichkeiten offen. (Harald Fidler, 19.1.2023)

Herbert Kickl im "ZiB 2"-Interview bei Armin Wolf:

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