Drei Cowboys wollen endlich tätige Subjekte werden: Magdalena Lermer, Eren Kavukoğlu und Luc Schneider (v. li.)

Foto: Barbara Pálffy

Wien – Geld, Liebe, der Sinn des Lebens und nebst einer wohltemperierten Wohnung möglicherweise noch ein bisschen Poesie – damit sind Menschen befasst. Oder in konkrete Fragen gemünzt: Wie können wir Vertrauen zueinander aufbauen? Finden wir im Leben den großen Schatz? Und wird das alles von einer unsichtbaren Machtinstanz geleitet, gegen die wir sowieso keine Chance haben?

Dem Drama Polar vom Autorenduo Ivana Sokola und Jona Spreter – es wurde beim Nachwuchswettbewerb des Theater Drachengasse im letzten Frühling als Siegerstück gekürt – gelingt es, diese ganz großen Fragen in unprätentiöser und spielfreudiger Manier abzuhandeln. Das Ergebnis wirkt jedenfalls so, als hätte Tarantino einen Western in einer Schuhschachtel gedreht.

Warren, Sid und Salty

Aus dem Gefälle zwischen Blockbuster-Grandezza und studentischem Theatercharme schlägt die Inszenierung von Pablo Lawall im Theater Drachengasse ihren Gewinn. Im kleinen Bar-&-Co-Raum hüpfen zu Beginn drei Schauspieler mit Steckenpferden aus dem Vorspann einer Italowestern-Leinwand. Denn in Polar liegt der zu ergründende wilde Westen in einer Gegend im ewigen Eis. Dort planen, begleitet vom Klappern ihrer Stiefel, Warren (Eren Kavukoğlu), Sid (Magdalena Lermer) und Salty (Luc Schneider) den Ausbruch aus dem Gefängnis, einer Art Höhle Platons, die hinter der Leinwand mit Live-Kamera ausspioniert wird.

Wenige, dafür symbolträchtige Dinge wie der Sündenfall-Apfel erzählen die entscheidenden Manöver mit. Darüber hinaus nehmen Kalauer diesem als philosophische Etüde zu lesenden Befreiungsschlag die Schwere ("Ist die Angst eine Bombe in mir oder doch nur ein Bonbon in mir?"). Hingebungsvoll gesungene Balladen (In einem kühlen Grunde), Pappkarton-Slapstick und schattige Videoästhetik ergeben eine gut abgestimmte Stilmischung, die mit Morricone gebührlich endet. (Margarete Affenzeller, 26.1.2023)