Marie Kondo wurde berühmt mit einer Aufräum-Reality-Show auf Netflix.

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Sie ist wohl die pedantischste aller Ordnungsliebhaberinnen, und selbst sie hat nun zugegeben: Mit Kindern ist ein aufgeräumtes Zuhause fast eine Unmöglichkeit. Marie Kondo, bekannt geworden durch ihre Aufräumshow auf Netflix, gestand unlängst, dass sie es mit ihren drei Kindern mehr oder weniger aufgegeben habe, ihr Haus immer ordentlich zu halten. Sie verbringe außerdem lieber Zeit mit ihrem Nachwuchs, als aufzuräumen.

Willkommen in meiner Welt, Marie! Bei uns daheim liegen die Puppen im Mistkübel, das Shampoo steht bei den Kochtöpfen, und der angebissene Apfel zwickt zwischen den Matratzen – denn mein Sohn hat seine ganz eigenen Vorstellungen davon, wo die Dinge hingehören.

In meinem früheren, noch kinderlosen Leben, da sah das ganz anders aus. Auch ich war damals ein Opfer von Marie Kondo, The Home Edit und sonstigen Netflix-Aufräumformaten: Die Vorräte in der Speisekammer und im Badezimmerschrank waren akkurat in Aufbewahrungskörben sortiert, das Kochbesteck und die Kleidung in den Schubladen durch Trennsysteme penibel verstaut – und natürlich war alles fein säuberlich beschriftet. Das sah nicht nur schön aus und war praktisch im Alltag, es gab mir auch ein gutes Gefühl. Wenn alles einen fixen Platz hat, muss man nie mehr was suchen – einer der wichtigsten Grundsätze von Marie Kondo.

Hüfthohes Chaos

Doch seit mein Sohn mobil ist und Schranktüren aufbekommt, herrscht in unserer Wohnung von der Hüfte abwärts – also überall, wo seine kleinen Hände schon hinkommen – Chaos. Und obendrüber? Dort eigentlich auch, weil mit Kleinkind einfach keine Zeit mehr bleibt, groß zu schlichten und zu sortieren, vom Beschriften ganz zu schweigen. Mittlerweile sind wir froh, wenn die eingekauften Vorräte überhaupt irgendwann in der Abstellkammer landen. Abgesehen davon, hat sich unser Hausstand gefühlt verdoppelt, wenn nicht verdreifacht, seit wir ein Kind haben.

Dass selbst die perfektionistische Marie Kondo daheim um Ordnung ringt, wird viele Eltern beruhigen, wenn sie die nächste Socke aus der Kloschüssel fischen, den 243. Legostein vom Boden aufsammeln oder die rote Farbe aus dem Teppich schrubben. Am Ende sind doch alle Familien gleich, wenn es ums ganz normale Chaos geht.

Und dennoch: Einen fixen Platz für alles zu haben – zumindest in der Theorie – ist Gold wert, gerade mit Kindern. Dann ist abends, wenn sie im Bett sind, wenigstens schneller aufgeräumt. Und auch der Junior findet solche Strukturen gut. Das haben wir dann doch wieder der Frau Kondo zu verdanken. Chapeau! (Bernadette Redl, 1.2.2023)