"Solidarisch durch die Krisen", stand auf einem Transparent, mit dem Aktivistinnen und Aktivisten im März 2022 gegen die letzte Erhöhung der Richtwertmieten protestierten.

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Wien – Die steigenden Mieten sorgen weiter für teils heftige Debatten. Die Arbeiterkammer (AK) warnte am Sonntag vor weiteren Mietsteigerungen und will befristete Mietverträge durch große Vermieterinnen und Vermieter abschaffen. Die SPÖ sah sich indes durch die deutschen Grünen bestärkt, die angesichts stark steigender Lebenshaltungskosten staatliche Eingriffe bei Indexmieten fordern. Die Sozialdemokraten bekräftigten daraufhin ihre Forderung an die türkis-grüne Regierung nach einem Einfrieren der Mieten bis 2025. Schon im Jahr 2022 waren die Richtwertmieten um knapp sechs Prozent gestiegen.

SPÖ: Bundesregierung sieht tatenlos zu

"In ganz Europa ist das Gegensteuern gegen die drastischen Mieterhöhungen Thema, nur die österreichische Bundesregierung sieht tatenlos zu", meinte die rote Bautensprecherin Ruth Becher in einer Aussendung. "Die Grünen in Deutschland haben den Ernst der Lage verstanden. Es ist längst an der Zeit, dass auch die Grünen in Österreich und ihre türkisen Partner in der Regierung erkennen, dass bei den Mietpreisen endlich gehandelt werden muss. Der Staat muss eingreifen und die Mieten einfrieren."

Die Richtwertmieten sollen ab 1. April um 8,6 Prozent steigen. Die Erhöhung der Richtwerte veröffentlicht das Justizministerium im März. Wer einen Mietvertrag etwa in einem privaten Altbau – errichtet vor 1945 – nach dem 1. März 1994 unterschrieben hat, unterliegt dem Richtwertsystem. Die Erhöhung betrifft also alle in den vergangenen 27 Jahren abgeschlossenen Verträge, da sie (oft) entsprechende Anpassungsklauseln im Vertrag haben sowie Neuverträge. Die Richtwerte sind je nach Bundesland unterschiedlich hoch. Einen Mietpreisdeckel, wie ihn andere Länder eingeführt haben, gibt es in Österreich nicht. So hatte in Frankreich die Nationalversammlung bereits im Juli 2022 für und eine Mietpreisdeckelung abgestimmt.

Hälfte aller Verträge befristet

Auch die Arbeiterkammer schießt sich derzeit weiter auf das Mietthema ein und kritisierte am Sonntag im speziellen befristete Mietverträge. Deren Höhe ist an die Inflationsentwicklung gekoppelt. Ein Problem sei, dass fast die Hälfte (47 Prozent) aller Mietverträge befristet seien. Befristete bestehende Mietverträge im privaten Segment seien im Schnitt um etwa 130 Euro pro Monat teurer als unbefristete. In befristet vermieteten Wohnungen lebten an die 700.000 Menschen.

Die Verträge seien durchschnittlich auf vier Jahre befristet. "Letztlich kann jede Vertragsverlängerung oder jeder Mieterwechsel nach einem Vertragsablauf von Vermieter:innen genutzt werden, um den Mietzins zu erhöhen", kritisierte AK-Kommunal- und Wohn-Fachmann Thomas Ritt. Eine Erhöhung von 30 Euro pro Monat anlässlich einer Vertragsverlängerung würde etwa einem fünfprozentigen Aufschlag entsprechen bei den gegebenen befristeten Hauptmietzinsen, rechnet die AK vor. Für einen Haushalt bedeute das höhere Mietkosten von 360 Euro im Jahr. Bei einer durchschnittlichen Befristungsdauer von vier Jahren steht pro Jahr jeder vierte Vertrag entweder zur Verlängerung oder zur Neuvermietung an. In Summe folgen daraus jährliche außertourliche Mietzinserhöhungen von über 31 Millionen Euro.

AK: Befristungen machen erpressbar

"Befristungen machen Wohnen unsicher und in jedem Fall teurer und verschärfen eine langfristige Lebensplanung", kritisiert Ritt. "Bei Haushalten mit Kindern hängen auch Kindergarten- und/oder Schulplätze an der unsicheren Wohnadresse. Bei einer Verlängerung ist man Vermieterinnen und Vermietern hinsichtlich möglicher Mieterhöhungen de facto ausgeliefert – Mieterinnen und Mieter sind erpressbar. Auch eine neue Wohnung zu suchen, ist nicht selten ein Spießrutenlauf. Zudem muss man mit Umzugs und Kautionskosten rechnen."

Große Vermieter und Konzerne sollen – geht es nach der AK – keine befristeten Mietverträge mehr anbieten dürfen. Privatpersonen sollen eine Wohnung befristet vermieten dürfen. (APA, red, 5.2.2022)