FPÖ-Chef Herbert Kickl und Landesparteichef Udo Landbauer feiern den Wahlerfolg in Niederösterreich.

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Während die österreichische Politik aufgeregt über eine angemessene Reaktion auf die verbale Gülle-Überschwappung einer Forst-Latrine diskutiert, stellt sich dabei immer öfter die Frage nach dem Erfolgsgeheimnis der FPÖ. Eine verstörende Antwort kommt dazu aus Niederösterreich. Nach der Landtagswahl gaben 42 Prozent der FPÖ-Wählenden an, die Thematisierung von Korruption sei für sie ein wichtiges Wahlmotiv gewesen. Ausgerechnet die FPÖ gegen Korruption zu wählen ist so, als würde man die Neos gegen Kapitalismus, die ÖVP gegen Seilbahnen-Besitzer, die Grünen gegen Lastenradfahrer und die SPÖ wegen Christian Deutsch wählen.

Diese Verkennung freiheitlicher Partei-DNA dürfte auch Herbert Kickl irritieren, ließ doch schon seine ehemalige Agentur "Ideenschmiede" ihre Bereitschaft zu Korruption in Verträge schreiben. Dass nun in Graz jene freiheitlichen Abgeordneten, die an der Aufklärung des FPÖ-Finanzskandals um Spitzenfunktionäre der Stadtpartei mitwirken wollten, eine neue Fraktion namens "Korruptionsfreier Gemeinderatsklub" gegründet haben, verblüfft mehr, als dass sie zuvor auf Geheiß Kickls aus der Partei ausgeschlossen wurden.

Aggressionen gegen Van der Bellen

Als Reaktion auf diese Korruptionsaffäre wird seitens der FPÖ von einer "Hetze gegen Herbert Kickl" gesprochen – als Vorwurf ähnlich bizarr wie "Lüge gegen Baron Münchhausen". Dass den Blauen Alexander Van der Bellen als schlimmster "Hetzer" gilt, ist wiederum nachvollziehbar, zumal sie von ihm mit einer perfiden Aktion im Parlament provoziert wurden. Der vermeintlich harmlose Appell des Bundespräsidenten an die Abgeordneten – "Ich bitte Sie, Ihren Sitznachbarn anzuschauen!" – nötigte Herbert Kickl und Dagmar Belakowitsch zu wechselseitigen, kaum zumutbaren Anblicken. Seither haben Kickls Aggressionen gegen Van der Bellen ein neues Level erreicht. Er werde ihm "den Schädel wieder geraderichten" drohte Kickl und erinnerte damit an seine frühere Aussage, wonach er FPÖ-Gegnern einen "Schlag aufs Hosentürl verpassen" wolle. Eine glaubwürdigere Drohung als die angekündigte Kopf-Attacke gegen das Staatsoberhaupt, liegt doch aus Kickls Perspektive das Hosentürl des Gegners meist auf Augenhöhe. Der Begriff "unter der Gürtellinie" beschreibt bei ihm nicht nur seinen bevorzugten Kampfstil, sondern die Gesamtpersönlichkeit.

Moskau-Connections

Mehr als den angedrohten körperlichen Angriff dürfte Van der Bellen aber die Auswirkungen eines Bundeskanzlers Kickl auf die Sicherheit Österreichs fürchten. Schon in dessen Zeit als Innenminister haben ausländische Geheimdienste aufgrund der dieser Tage wieder mit Dokumenten belegten Moskau-Connections der FPÖ ihre Zusammenarbeit mit heimischen Behörden eingeschränkt.

Dessen ungeachtet könnte das in Kickl personifizierte nationale Sicherheitsrisiko natürlich weiterhin Wahlerfolge feiern. Was das Geheimnis dieser Erfolge betrifft, wird man vielleicht bei einem großen Vordenker der Partei fündig. Nicht Jörg Haider oder H.-C. Strache, nein Hans Jörg Schimanek hat es einst in einem TV-Interview mit einem programmatischen, auch heute noch für praktisch alle Probleme geltenden Lösungsansatz auf den Punkt gebracht: "Wir wollen das … äh … weg!" (Florian Scheuba, 9.2.2023)