Johannes Steinhart ist Präsident der Wiener und der Österreichischen Ärztekammer. Derzeit steht aber wegen der Equip4Ordi-Affäre nochmals seine Zeit als Obmann der Kurie für niedergelassene Ärzte in Wien im Fokus.

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Johannes Steinhart, der Präsident der Wiener und der Österreichischen Ärztekammer, gerät in der Affäre um eine Tochterfirma der Ärztekammer Wien intern massiv unter Druck. Genau genommen übt sein Vize und Nachfolger als Obmann der Kurie der niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte in Wien, Erik Randall Huber, heftig Kritik an Steinharts Verhalten in Bezug auf die Affäre. In der Sache steht der Verdacht der Untreue und Begünstigung gegen drei Personen im Raum, die Staatsanwaltschaft Wien ermittelt. Die Kurie hatte Ende Jänner mithilfe einer Anwaltskanzlei eine Anzeige verfasst.

Die Equip4Ordi ist eine ausgelagerte Tochter der Kurie der niedergelassenen Ärzte der Ärztekammer Wien, die als Einkaufsplattform für Ordinationsbedarf gedacht ist. Aus der an die Staatsanwaltschaft ergangenen Anzeige geht hervor, dass in der Firma unter anderem Kredite in Millionenhöhe ohne die notwendigen Beschlüsse aufgenommen und vergeben worden sein sollen und Prämien ohne wirtschaftliche Rechtfertigung ausgezahlt worden seien. Gegen zwei Personen steht laut Sachverhaltsdarstellung der Vorwurf der Untreue im Raum, gegen eine Person der Verdacht der Begünstigung. Für alle Genannten gilt die Unschuldsvermutung.

Die Malversationen sollen in der Zeit, als Steinhart Kurienobmann war, passiert sein. Dossier.at berichtete, dass er einer Aktennotiz zufolge bei einer Besprechung über Geldflüsse der Firma anwesend gewesen sei. Steinhart kommentiert dieses Detail nicht, gibt aber allgemein an, dass die Geschäftsführung der Equip4Ordi an Manager übertragen wurde und ein Beirat mit Kontrollaufgaben und später eine Holding mit entsprechenden Aufgaben installiert worden sei, weshalb von einem Einhalten professioneller Standards auszugehen gewesen sei.

Belastende Aussagen

Huber sagte dem STANDARD, dass es einfach nicht stimme, was Steinhart diese Woche – nach gut eineinhalb Wochen des Schweigens – in einem Brief an die Wiener Ärztinnen und Ärzte geschrieben habe: nämlich dass er in der Causa für volle Transparenz und Aufklärung stehe. "Er beantwortet seit mehr als zwei Wochen nicht unsere Fragen", sagt Huber. In einem juristischen Gutachten sollen die drei Beschuldigten Steinhart laut Huber in der Sache massiv belasten. Er glaube, dass der Kammerchef das entkräften könnte, sagte Huber – aber Steinhart schweige eben beharrlich dazu und verwies bisher stets auf das laufende Verfahren. Steinhart gab in einem schriftlichen Statement an den STANDARD am Donnerstag zu bedenken, dass es sich "bei dem anwaltlichen Bericht um einen vorläufigen Bericht" handle. "Er wurde noch nicht von weiteren kompetenten Stellen verifiziert und auf Richtigkeit geprüft", gab Steinhart an.

Grundsätzlich stelle er klar, dass er als damaliger Obmann der Wiener Kurie für niedergelassene Ärzte "nicht dafür zuständig war, die Gesellschaft Equip4Ordi zu kontrollieren", dafür gebe es den Beirat, in dem er nicht Mitglied war. Auch in die Geschäftsgebarung der Equip4Ordi sei er als Kurienobmann und Kammer-Vizepräsident und später als Präsident nicht eingebunden gewesen. Sollten in der Firma Informationen nicht oder nicht vollständig an den Beirat weitergeleitet worden sein, wäre das "eine gravierende Pflichtverletzung", für einen etwaigen Schaden seien die Verantwortlichen "vollumfänglich zur Verantwortung ziehen", gab Steinhart weiter an.

Millionenschaden möglich

Huber zufolge sei nach jetzigem Stand von einer Schadenshöhe von rund 1,7 Millionen Euro auszugehen. Es werde das Geltendmachen von Schadenersatzforderungen geprüft, wie viel man womöglich zurückerhalten könne, sei fraglich. Steinhart betonte einmal mehr, dass Equip4Ordi bewusst als ausgelagerte GmbH gegründet worden sei, damit die Kammer kein finanzielles Risiko tragen müsse. Inzwischen gibt es laut Huber Hinweise darauf, dass bereits der Kaufpreis von rund 295.000 Euro für das Vorgängerunternehmen, aus dem dann Equip4Ordi entwickelt wurde, überhöht gewesen sein könnte.

Zur "Krone" hatte der nunmehrige Kurienobmann Huber ähnlich kritische Aussagen wie zum STANDARD gemacht, weshalb die Zeitung am Donnerstag die Frage aufwarf, ob Steinhart als Chef der Ärztekammer noch zu halten sei. Huber gehört im Übrigen in der Kammer der "Vereinigung" an und damit der gleichen Fraktion wie Steinhart.

Kommenden Montagabend wird die Kurie der niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte in Wien zu einer außerordentlichen Versammlung zusammentreffen, um über die Causa Equip4Ordi zu beraten. Möglicherweise wird dabei auch die Einberufung eines Untersuchungsausschusses thematisiert, in dessen Rahmen die politische Verantwortung in der Sache aufgearbeitet werden könnte.

Gespräche zu Wiener Gesundheitssystem

Redebedarf gibt es auch auf anderer Ebene: Seit Monaten stehen die Zeichen in Wien zwischen Ärztekammer-Vertretern und den gesundheitspolitischen Verantwortlichen, insbesondere zwischen Stefan Ferenci, Obmann der Kurie der angestellten Ärzte, und Gesundheitsstadtrat Peter Hacker (SPÖ), auf Konfrontation. Am Donnerstag hieß es dann aus dem Umfeld von Bürgermeister Michael Ludwig, dass Vertreter der Kammerspitze, der Bürgermeister sowie Stadtrat Hacker kommenden Montag einander zum Gespräch treffen werden. Bei dem Treffen soll es um aktuelle Herausforderungen im Wiener Gesundheitssystem gehen, unter anderem um die Engpässe in den Spitälern. Konkrete Ergebnisse sind aber von diesem Termin laut APA nicht zu erwarten. (Gudrun Springer, 9.2.2023)