Das Donauinselfest zieht jährlich Besuchermassen an, nun gibt es Ermittlungen zur Verrechnung von Kosten.

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Die Meinungen zum Wiener Donauinselfest sind gemeinhin starke. Für die einen ist das dreitägige Festival ein Fixpunkt im Reigen der Freiluftkonzerte, für die anderen ein Grund, die Stadt zu verlassen. Nuancen dazwischen gibt es kaum.

Einen gefestigten Standpunkt zum Fest scheint auch Stadtrat Peter Hacker (SPÖ) zu haben: Das Donauinselfest sei wohl das "meistgeprüfte Festival", sagte er am Donnerstag in der "ZiB 2". Doch wie kam es zu dieser Aussage? Und was ist dran?

Frage: Es ist Winter, wie schafft es da ein Open-Air-Festival in die Schlagzeilen?

Antwort: Am Donnerstagabend wurde bekannt, dass die Staatsanwaltschaft Wien Ermittlungen zum Donauinselfest eingeleitet hat –DER STANDARD berichtete. Nähere Auskünfte gibt die Staatsanwaltschaft allerdings nicht, sie stehe noch am Anfang der Ermittlungen. Im Raum steht der Vorwurf, dass der Veranstalter im Rahmen des Donauinselfests Fördergelder missbräuchlich verwendet hat, es gilt die Unschuldsvermutung.

Frage: Wer veranstaltet das Donauinselfest überhaupt?

Antwort: Das Donauinselfest wird von der Wiener SPÖ veranstaltet – allerdings nicht allein. Erster Mitveranstalter ist der Verein Wiener Kulturservice. Er wurde von Harry Kopietz, früher Landtagspräsident (SPÖ) und Donauinselfest-Erfinder, auf Anraten seines Parteifreundes, des damaligen Bürgermeisters Helmut Zilk, gegründet. Vorsitzender ist laut Vereinsregisterauszug Kurt Wimmer, einst roter Bezirksvorsteher in Margareten. Die Karrieren seiner stellvertretenden Vorsitzenden sind ebenfalls mit der Partei verzahnt: Elisabeth Hakel saß für die SPÖ im Nationalrat, Susanne Schicker war in Wien rote Stadtschulratspräsidentin und Josef Urban Organisationssekretär in der Wiener SPÖ.

Dieser Verein erhielt die inkriminierten Förderungen für das Spektakel auf der Insel. Insgesamt bezog er zuletzt jährlich 1,8 Millionen Euro an Förderungen von der Stadt. Der Verein unterstützt jährlich rund 250 Kulturveranstaltungen – etwa das Maifest, diverse Bezirksveranstaltungen wie Straßen- und Grätzelfeste sowie den Gürtel-Nightwalk und das Donaukanaltreiben.

Als zweiter Mitveranstalter des Donauinselfests fungiert die Pro Event Team für Wien GmbH, sie wird auf der Donauinselfest-Website auch als "umsetzende Agentur" angeführt. Das Unternehmen ist im Alleinbesitz des Echo-Medienhauses, das früher über Umwege der SPÖ gehörte.

Frage: Welche Vorwürfe gibt es konkret?

Antwort: Die von der Staatsanwaltschaft explizit erhobenen Vorwürfe sind nicht bekannt. Ausgangspunkt der Ermittlungen ist aber offenbar jene 28 Seiten umfassende anonyme Anzeige, deren Inhalt schon im August durch einen STANDARD-Artikel publik wurde. Darin werden Vorwürfe gegen die Veranstalter – und damit auch die Wiener SPÖ – erhoben. Hauptvorwurf der Anzeige ist, dass es beim Wiener Kulturservice zur missbräuchlichen Verwendung von städtischem Fördergeld zugunsten der SPÖ gekommen sein soll. Die Anzeiger leiten diesen Vorwurf aus einem 2019 erschienenen Bericht des Rechnungshofs ab, der das Festival geprüft hat.

Frage: Welche Probleme hat der Rechnungshof festgestellt?

Antwort: Der gravierendste Kritikpunkt betraf die Abrechnung von Kosten und Fördergeldern im Zeitraum 2014 bis 2016. Konkret geht es um eine Summe von 407.000 Euro, die die SPÖ Wien dem Verein Wiener Kulturservice verrechnet hatte. Der Verein bekam das Geld wiederum als Förderung von der Stadt Wien. Das Problem laut Rechnungshof: Der Verein beglich die Rechnungen der SPÖ, "obwohl zahlreiche weiterverrechnete Kosten nicht ordnungsgemäß belegt oder die Einhaltung der Förderkriterien nicht erkennbar waren". Der Verein habe die Fördermittel unter anderem für die Bezahlung von Ordnerdiensten, Parteiwerbung, Heizöl- und Diesellieferungen oder Verwaltungsstrafen verwendet.

Frage: Zu welchen Konsequenzen gelangte der Rechnungshof damals?

Antwort: Zum einen empfahl er der Stadt Wien, die Förderabrechnungen des Kulturservice ordentlich zu kontrollieren, die Förderwürdigkeit nachvollziehbar zu begründen und von dem Verein eine Gesamtkalkulation des Donauinselfests zu verlangen. Zum anderen meldete der Rechnungshof dem Unabhängigen Parteien-Transparenz-Senat, dass gegen die SPÖ der Verdacht auf Annahme einer unzulässigen Parteispende vonseiten des Kulturservice bestehe. Der Senat stellte das Verfahren ein und monierte, dass die Meldung durch den Rechnungshof zu unkonkret gewesen sei.

Frage: Es gibt neben dem österreichweit prüfenden Rechnungshof des Bundes auch einen eigenen Stadtrechnungshof. Hat auch er die Causa unter die Lupe genommen?

Antwort: Er hat 2020 einen Prüfbericht zum Wiener Kulturservice veröffentlicht und sich dabei auch auf die oben erwähnten Empfehlungen des Rechnungshofs bezogen. Diese seien großteils umgesetzt worden, wobei der Stadtrechnungshof immer noch einige Mängel in Sachen Transparenz feststellte. So seien etwa manche Abrechnungsbelege nicht zu finden gewesen.

Frage: War das Festival auch einmal Thema im U-Ausschuss?

Antwort: Nein, aber in einer U-Kommission. Dabei handelt es sich um ein Gremium des Wiener Gemeinderats, das vermutete Missstände in der Verwaltung prüfen kann. Von Ende 2019 bis Sommer 2020 war auf Antrag der FPÖ eine solche Kommission mit dem Titel "Missstand bei der Gewährung und Überprüfung der widmungsgemäßen Nutzung von Fördergeldern durch die Gemeinde Wien" tätig. Unter die Lupe genommen wurde auch der Verein Wiener Kulturservice.

Verfehlungen konnten aber – wie auch bei den anderen geprüften Vereinen – nicht entdeckt werden. "Die Untersuchungskommission konnte bei keinem der acht untersuchten Vereine einen Missbrauch der von der Stadt gewährten Fördergelder feststellen", heißt es im Abschlussbericht an den Gemeinderat. Verfasst wurde dieser von den damaligen Regierungsparteien SPÖ und Grüne, die in dem Gremium die Mehrheit hatten.

Deutlich kritischer fiel ein gesonderter Bericht der oppositionellen Freiheitlichen aus. Sie bemängelten unter anderem, dass die SPÖ Einnahmen aus dem Donauinselfest nicht offenlege und daher der Förderbedarf nicht feststellbar sei. Weil das Donauinselfest keine Kulturveranstaltung, sondern eine Parteiveranstaltung sei, sei es auch nicht förderbar, hieß es weiter.

In diese Kerbe schlugen in ihrem Fraktionsbericht auch die Neos – damals noch nicht mit der SPÖ in einer Koalition. In den Aussagen in der U-Kommission sei durchgehend behauptet worden, dass die Stadt nur Kulturschaffende und keine Parteifeste sponsere. "Trotzdem werden nach wie vor selbstverständlich Veranstaltungen von SPÖ-Teilorganisationen gefördert", schrieben die Neos mit Verweis auf das Donauinselfest.

Frage: Was sagen die Wiener SPÖ und Wiener Kulturservice zu den Ermittlungen?

Antwort: Die SPÖ gibt sich demonstrativ gelassen und weist alle Vorwürfe aus der Anzeige zurück. Sie sei als Partei zwischen 2014 und 2016 gegenüber dem Verein in Vorleistung gegangen, dieser habe danach die Kosten refundiert. Zudem habe man sämtliche Rechnungshof-Empfehlungen umgesetzt. Es habe mit Sicherheit keine unzulässigen Geldflüsse gegeben, erklärte Stadtrat Hacker in der "ZiB 2". Der Verein Kulturservice hat eine verdeckte Finanzierung der SPÖ stets bestritten.

Frage: Wurde eigentlich auch bei anderen parteinahen Festivals in Wien von Kontrollinstanzen etwas beanstandet?

Antwort: Staatsanwaltschaftliche Ermittlungen in diese Richtung gab es nicht, sehr wohl aber Kritik des Rechnungshofs im besagten Bericht von 2019. Die Prüfung der Förderwürdigkeit und der Mittelverwendung durch die Stadt Wien sei in den Jahren davor auch beim von den Grünen initiierten Kulturfestival Wienwoche und beim Stadtfest, das die ÖVP organisiert, mangelhaft gewesen.

Frage: Wann findet das nächste Donauinselfest statt?

Antwort: Von 23. bis 25. Juni 2023. Die heurige Ausgabe ist eine besondere, denn die Veranstaltung jährt sich zum 40. Mal. Versprochen wird ein "noch nie dagewesenes Fest der Superlative" – welche Künstlerinnen und Künstler auftreten, wurde noch nicht bekanntgegeben. (Theo Anders, Stefanie Rachbauer, 10.2.2023)