Paul Kraker (vorne) moderiert zum dritten Mal eine "Tagespresse"-Liveshow: Das Autorentrio Sebastian Huber, Fritz Jergitsch und Jürgen Marschal bleibt im Hintergrund.

Rabenhof/Pertramer

Zehn Jahre ist es jetzt auch schon wieder her, dass Fritz Jergitsch quasi aus dem Kinderzimmer heraus die austriakische Medienlandschaft mit satirischen Falschmeldungen nach dem Vorbild der deutschen Titanic aufmischte. Seither sind Jergitschs Tagespresse nicht nur viele auf den Leim gegangen, indem sie etwa wirklich geglaubt und viral weiterverbreitet haben, Edward Snowden sei in Österreich gelandet oder Frank Stronach habe seine Kandidatur für die Bundespräsidentenwahl 2022 bekanntgegeben. Seither erhielt Jergitsch auch Verstärkung durch Sebastian Huber und Jürgen Marschal – und seither hat das Trio sein Satireprojekt bereits zweimal als Show im Wiener Rabenhoftheater auf die Bühne gebracht.

Mit Die Tagespresse History – Eine kurze Geschichte der Österreichheit hatte jetzt der dritte Ableger Premiere. Auch diesmal führt der Ö1-Journalist Paul Kraker mit sonorer Sprecherstimme durch ein Nachrichtensendungs-Setting, das offensichtlich Spezialausgaben zu geschichtlichen Anlässen der ORF-ZiB aufs Korn nimmt. Thema der Sendung: nichts weniger als die Geschichte Österreichs von dessen Erschaffung durch einen Gott mit viel Tagesfreizeit bis hin zu einer politischen Zukunftsvision, bei der es einem schon einmal die blau lackierten Fußnägel aufrollt.

Vom Stamm der ÖVP

Der Homo austriacus, erfährt man, sei als Seitenlinie der Evolution vor 400.000 Jahren entstanden. Er neige zu einem unterwürfigen Buckel und sei durchgängig beim Magistrat angestellt. Außerdem verfüge er über einen extrem breiten Fußknochen, der ihm das Treten nach unten erleichtere – und zwar nicht nur, wenn man dem Stamm der ÖVP, der "Österreichischen Volksprimaten", angehöre.

In der Tonart hantelt sich die Show weiter: zur Erfindung der Demokratie, die sich im heimischen Verständnis dadurch ausdrücke, dass die Machtteilung zwischen den Bauern im Westen und den Bauern im Osten gewahrt sein müsse; zu Jesus Christus, der sich angesichts Österreichs am liebsten selbst ans Kreuz genagelt hätte; aber auch zu großen heimischen Erfindungen wie der Pestmaske von Hygiene Ostarrichi.

Mozart, Sisi, Ulrich Seidl

Mit im Boot ist eine Schar an Gästen, die Videoeinspieler beisteuert: David Scheid als gescheiterter Mozart, der heute Werbejingles komponiert, Alex Kristan als Toni Polster oder Maria Hofstätter in einer Sisi-Ulrich-Seidl-Parodie.

Das Grundproblem, wonach sich lustige Schlagzeilen nur schwer in eine Liveshow übertragen lassen, besteht zwar weiterhin, gegen Ende ermüdet das Konzept denn auch. Inhaltlich aber ist die Tagespresse verglichen mit der ersten Show von 2016 gut gereift. Pubertärer Klamauk soll natürlich auch dabei sein. Ihm wird zugunsten relevanter Politsatire aber nicht mehr ganz so viel Platz eingeräumt. (Stefan Weiss, 16.2.2023)