Die Choreografin Daphna Horenczyk präsentiert ihr neues Stück "Passage – rehearsal for birthing and dying" im Wiener Wuk.

Foto: Franzi Kreis

Gleich zu Beginn friert die Szene ein, drei Frauen und zwei Männer erstarren zu einem Tableau vivant. Ein Abend im Projektraum des Wuk. Die in Israel geborene, in Tel Aviv aufgewachsene Wiener Choreografin Daphna Horenczyk stellt ihr neues Stück "Passage – rehearsal for birthing and dying" vor. Der Tanzboden wirft Falten, gelb-oranges Scheinwerferlicht hält die fünf Figuren auf ihrer Bühne fest.

Das Publikum sitzt auf zwei einander gegenüberliegenden kleinen Tribünen. So sieht es im Hintergrund immer seinesgleichen und wird dadurch indirekt ins Geschehen mit einbezogen, wie zur Erinnerung: Wir sind Geborene, und wir müssen alle sterben. Immerhin liegt zwischen dem großen Initialereignis und dem überwältigenden Finalerlebnis üblicherweise ein lebendig sein als individuell einzigartige Passage.

Ohne Worte

Mit ihrem gelungenen Darstellungsversuch einer "Probe für das Gebären und Sterben" nähert Horenczyk sich, die Performenden und das Publikum der Frage an, warum die Vorbereitung auf beides so beharrlich verdrängt wird. Ein derart umfassendes Thema in einem kleinen Stück ohne Worte abzuhandeln, stellt an sich eine Provokation dar.

Doch diese wird von Alina Bertha, Martina de Dominicis, Jolyane Langlois, Alberto Cissello und Evandro Pedroni durch die großartige Interpretation ihrer Figuren im besten Sinn unterminiert. Dabei folgt das Quintett zumindest drei choreografischen Impulsen: Es tanzt nicht nur nach einem künstlerischen Plan, sondern auch prägende kulturelle Einflüsse auf die Tänzerkörper und deren psychische Dynamiken.

Daphna Horenczyk hat das offenbar im Blick. Sie betont die Individualität der fünf Figuren und führt sie in teils dramatischen Szenen aus ihrer Vereinzelung zu einer Gemeinschaft zusammen.

Diese weiß sich nicht anders zu helfen, als das Am-Leben-sein so zu zelebrieren, wie es daherkommt: als Vorstellung aus getrieben sein und blockiert werden, Versuchen und Scheitern, Konflikt und Loslassen. Das ist sie auch schon, die Probe für die letztlich unkontrollierbar bleibenden "Passagen" des Gebärens und des Sterbens. (Helmut Ploebst, 16.2.2023)