Jede Woche verbringen die Lernbuddys gemeinsam Zeit in der Unterkunft in Wien-Penzing.

Foto: Christian Fischer

Am Wiener Stadtrand ist mit dem Haus Emma im vergangenen Frühjahr innerhalb von drei Wochen eine Unterkunft für Vertriebene aus der Ukraine entstanden. Das ehemalige Bürogebäude in Wien-Penzing wurde von der Firma Umdasch zur Verfügung gestellt und bietet Platz für rund 50 Personen. Meist kommen Mütter mit ihren Kindern, aber auch alleinstehende Frauen sowie Väter oder Großeltern im Familienverband.

Die 15-jährige Sofiia ist im April mit ihrem Vater nach Österreich gekommen. Derzeit besucht sie die ukrainische Schule in Wien. "Ich war richtig erschrocken, als ich in der Klasse auch einen ehemaligen Mitschüler aus Kiew wiedergesehen habe", sagt sie als sie an die Zeit kurz nach ihrer Ankunft zurückdenkt. Mittlerweile habe sich die Jugendliche aber gut eingelebt. Seit Oktober hat sie mit Studentin Vanessa zudem einen Caritas-Lernbuddy als Unterstützung.

Die 15-jährige Sofiia und WU-Studentin Vanessa (21) verbinden gemeinsame Interessen.
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Jeden Mittwoch kommt die 21-Jährige für zwei Stunden ins Haus Emma. Am leichtesten falle den beiden das Deutschlernen durch Gespräche. Die deutsche Grammatik mache ihnen jedoch noch zu schaffen, erzählen sie lachend. Neben den Nachhilfestunden arbeiten sie außerdem an einem gemeinsamen Projekt – bis zu Sofiias 16. Geburtstag Ende Februar wollen sie damit fertig werden. Die große Leidenschaft der 15-Jährigen sind nämlich Videospiele – vor allem das Online-Strategiespiel League of Legends hat es ihr angetan. Zusammen mit Buddy Vanessa bastelt sie gerade an einem Kostüm, das der Spielfigur Samira nachempfunden ist.

"Bevor wir uns kennergelernt haben, hatte ich keine Ahnung von Cosplay und Gaming", erzählt Studentin Vanessa. Eine große Hilfe ist sie Sofiia dennoch: Vor ihrem Umzug für das Studium nach Wien hat die Steirerin am Theater gearbeitet und kennt sich deshalb mit Kostümbildnerei aus. "Besser als mit Vanessa als Buddy hätte ich es nicht treffen können", ist sich die Schülerin sicher.

Freiwilliges Engagement

Die beiden Schwestern Anastasiia und Anna lernen ebenfalls seit Oktober einmal die Woche mit Buddy Hannah. Bereits neben ihrem Bachelorstudium in Deutschland hat sie regelmäßig in einer Unterkunft mit Geflüchteten gelernt. "Der Fokus war dort mit den Jugendlichen aber ein anderer", erzählt die 28-Jährige. Bei den dreien stehen vor allem Spiel und Spaß im Fokus. "Die Hausaufgaben sind meistens schon erledigt, wenn ich vorbeikomme", sagt sie. Zu dem Buddy-Projekt ist Hannah über eine gute Freundin gekommen. Die freiwillige Arbeit macht sie neben ihrem Vollzeitjob: "Ich fand es einfach wichtig zu helfen, und ich mache es gerne."

Die 28-jährige Hannah spielt gern mit den beiden Schwestern Anastasiia (12) und Anna (8).
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Vanessa ist über die Uni auf das Buddy-Programm aufmerksam geworden. Neben der Caritas Wien sind auch die Wirtschaftsuniversität Wien und die Billa AG Projektinitiatoren. Nicht nur Vanessa und Hannah kommen jede Woche als Lernbetreuerinnen vorbei, insgesamt helfen sechs Freiwillige als Buddys aus.

Engagieren würden sich meist Studierende, Pensionistinnen und Senioren sowie Menschen, die in der Umgebung wohnen. "Erst kürzlich konnten wir das letzte Buddy-Paar erfolgreich vermitteln", sagt Olivia Lasser, Betreuerin im Haus Emma. In anderen Häusern bestehe jedoch noch Bedarf an Freiwilligen. Nicht nur Kinder und Jugendliche, sondern auch alleinstehende Erwachsene und Eltern würden sich über Gesellschaft freuen.

Weniger Unterstützung

Die größte Herausforderung bei der Buddy-Suche sei die Verbindlichkeit, erklärt Irmgard Joo, Leiterin mehrerer Grundversorgungswohnhäuser bei der Caritas Wien. "Die Kinder und Jugendlichen haben einiges durchgemacht. Da braucht es eine langfristige Begleitung. Nur einmal zum Spielen vorbeizukommen reicht nicht – auch wenn es nett gemeint ist", sagt sie.

Seit dem Sommer würden Spenden zudem nur noch vereinzelt kommen: "Dabei sind wir nach wie vor auf Unterstützung angewiesen – auch wenn der Krieg für viele Menschen weniger präsent geworden ist." (Anika Dang, 20.2.2023)