Frostige Wochen und Monate für die Raiffeisen International.

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Ins Visier der mächtigsten politischen und wirtschaftlichen Macht auf Erden zu geraten, ist wahrhaft nichts, was sich ein Unternehmen wünschen kann. Eben das passiert Österreichs börsennotierter Raiffeisen Bank International (RBI) gerade. Das "Office of Foreign Assets Control" (OFAC), eine Abteilung des US-Finanzministeriums, hat ein Schreiben an die RBI geschickt, um sich nach Details des Zahlungsverkehrs mit Russland zu erkundigen.

Die RBI ist eine der wenigen europäischen Großbanken, die noch in Russland tätig sind – und das im großen Stil. Erst im Jänner verbuchte die Bank stolze 2,2 Milliarden Euro Profite in Russland und Belarus. Zwar können diese Gewinne die Länder nicht verlassen; überdies macht Raiffeisen laut Eigenangaben kein Neugeschäft mehr in Russland und prüft die Option eines Rückzugs. Dennoch, die RBI bleibt ein wichtiger Akteur im Kriegsland. Und das stört die Amerikaner.

Ein wichtiger Akteur

Bei dem Schreiben der OFAC handelt sich, so viel steht fest, um mehr als einen bloßen Formalakt. Erst vor wenigen Tagen verkündete ein hochrangiger Vertreter des US-Außenministeriums, man werde noch genauer jene Banken und Finanzinstitutionen in den Blick nehmen, die Russland mit dem Rest der Welt verbinden. Für den ersten Jahrestag der Ukraine-Invasion, den 24. Februar, ist ein neues internationales Sanktionspaket in Aussicht gestellt. Auch ist jene US-Behörde, die bei der RBI angeklopft hat, alles andere als eine zahnlose Institution: Die OFAC kann etwa anderen Finanzinstitutionen untersagen, mit Banken, gegen die sie vorgeht, weiterhin Geschäfte zu machen.

Zugleich jedoch erscheint es aus heutiger Sicht unwahrscheinlich, dass die RBI unter eine Art hartes US-Sanktionsregime oder weitreichende Blockaden fallen könnte. Denn neben Raiffeisen sind – wenige, aber doch – andere EU-Banken weiterhin in Russland tätig, zuallererst die italienische Großbank UniCredit. Auch sind russische Banken mit Konnex zum Energiesektor, so wie die staatseigene Gazprombank, vom Großteil der Sanktionen ausgenommen.

Europa braucht Russland noch

Hintergrund: Die EU kann sich nicht vollständig von Russland abkoppeln. Nicht nur Gas fließt weiterhin, sondern beispielsweise auch Lebensmittelexporte seitens Russlands, vor allem Getreide. Damit diese Waren- und Rohstoffströme fließen können, braucht es die dazugehörigen finanziellen Akteure. Eine vollständige Loslösung von Russland könnten sich zwar die USA leisten, nicht aber Europa. Also wird die EU nicht mitziehen, wenn die USA dies fordern. Und die Amerikaner werden wohl nicht den Bruch mit ihrem wichtigsten Verbündeten in Kauf nehmen.

Wie entschieden die härtere Gangart der USA in den kommenden Monaten letztlich ausfallen wird, lässt sich deshalb heute noch nicht sagen. Fest steht aber, die Amerikaner haben sich zu dieser härteren Gangart längst entschlossen. Die RBI wird wegen ihrer Russland-Geschäfte garantiert nicht zum letzten Mal Post aus Amerika bekommen haben. (Joseph Gepp, 18.2.2023)