Auf den Flokati äschern und die Sekretärin demütigen: In "Cäsars Büro" nehmen flegelhafte Sitten wie unter dem Vergrößerungsglas erschreckende Form an.

Foto: Philine Hofmann

Als ein Seher den römischen Diktator Cäsar vor den "Iden des März" warnen will, ist die Telefonverbindung so schlecht, dass dieser immer nur "Invaliden im Nerz" versteht oder auch "das Glied von Frau Kerz". Warum sollte er sich davor in Acht nehmen? Eben. Und so greift der Staatsmann frank und frei nach dem Lorbeerkranz und fällt einem Komplott zum Opfer. Die Telefone der Siebzigerjahre, die im Stück Cäsars Büro im Bronski & Grünberg augenscheinlich herrschen, waren eben alles andere als Präzisionsgeräte.

In dieser neuen Klassiker-Auffrischung des Bronski-&-Grünberg-Prinzipalenpaares Kaja Dymnicki und Alexander Pschill – sie basiert auf Shakespeares Julius Cäsar – sind dafür die 70er-Backenbärte umso akkurater rasiert. Beziehungsweise geklebt, denn in guter alter Shakespeare-Tradition regiert hier das totale Crossdressing. Mit Hingabe haben sich fünf Schauspielerinnen in Vokuhila-Macker-Montur geworfen und lassen mit Western-Anklängen Cäsars Büro aussehen wie ein Hinterzimmer aus Dallas oder MA 2412.

Doris Hindinger, Eva Maria Frank, Lisa Weidenmüller, Agnes Hausmann und Charlotte Krenz haben die Vorbilder genau studiert und äschern nun breitbeinig auf den Flokati, lachen ätzend, kippen Whisky ohne Ende, lecken sich selbstzufrieden die Lippen, lassen Handgelenke mit Siegelring locker baumeln und machen die Sekretärin bei jeder Gelegenheit herunter. Auf allen Kaffeehäferln dieses "frivolen Politthrillers", so die Selbstbezeichnung, prangt ein "Boss"-Schriftzug.

Nett, aber revolutionär

Auch Boris Popovic und Stefan Lasko treiben in dieser rasenden Travestie ihre Frauenrollen auf die Klischeespitze: Cäsars Gattin Calpurnia (Lasko) trifft mit jeder Menge Medizin und esoterischen Weisheiten Pflegevorsorge, Sekretärin Dotty (Popovic) verbirgt hinter rollenkonformem, unfreiwilligem Nettigkeitsgewese eine wahre Revolutionärin. Rebecca Rosenthaler gibt das allseits und nicht ohne Folgen diffamierte genderfluide Kind; bewaffnet mit Doppelkinn legt Dymnicki als Seher ein super Solo hin (Maske: Nina Haider).

In diesem mafiotischen Gelage kämpft mit viel derben Sprüchen eine Verschwörung gegen die andere, ein Sektionschef gegen den anderen und gemeinsam gegen einen Autokraten. Es geht auch um einen Generationenwechsel, in dem das Zepter vom alten an den neuen Vollblutdiktator übergeben wird. Und in dem alles, was diesem Machterhalt entgegensteht, niedergemacht wird ("Regenbogenschwachmaten"). Man denkt an Russland 2023.

Der Abend in Eigenregie des Autorenpaares zündet dank herzhafter, sprachspielerischer Pointen und seines zügigen Slapsticks von Quentin Tarantinos Gnaden. Pistolenkugeln zischen mit dazugehörigem Sound wie Billardkugeln durch das Büro, um dann zielsicher am falschen Bein zu landen. Bei Hades’ Hoden (Zitat), es ist ein Kracher. (Margarete Affenzeller, 20.2.2023)