Die Mieten steigen für viele, einige wenige profitieren davon. Soll der Staat stärker in die Preisbildung eingreifen?

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Pro: Teurere Mieten sind kein Naturgesetz
von Isadora Wallnöfer

Bei der Bekämpfung der Teuerung war Österreich im vergangenen Jahr eines der großzügigsten EU-Länder. Insgesamt investierte der Staat 32 Milliarden Euro in Entlastungsmaßnahmen. Demgegenüber stehen hierzulande knapp zwei Millionen Menschen, die im Frühjahr mit Schwierigkeiten beim Bezahlen ihrer Wohnung rechnen. Dabei gibt es eine Nicht-Gießkannen-Option, die gerade diese Gruppe treffsicher unterstützen würde: eine Mietpreisbremse für den gesamten Wohnungsmarkt.

Steigende Mieten belasten diejenigen mit niedrigem Einkommen am stärksten: Sie geben anteilsmäßig am meisten für Wohnen und Energie aus. Bis zu drei Mal mussten Mieter im vergangenen Jahr mit "Mietpreisanpassungen" rechnen. Die gestiegenen Kosten für Energie mussten sie obendrauf selbst stemmen. 80 Prozent der Einnahmen aus Mieten kommen hingegen dem reichsten Zehntel zugute.

Bisher bewirkte die hohe Inflation ungebremst höhere Mieten. Diese verstärken wiederum die Inflation. Dabei zeigen Vorbilder wie Spanien, dass der Effekt kein Naturgesetz ist. Intelligente Eingriffe in den Markt bescherten Spanien eine wesentlich mildere Teuerungsrate. Vielleicht wäre Österreich mit einer Mietpreisbremse heuer nicht mehr unter den großzügigsten Ländern, dafür aber unter den effizientesten. (Isadora Wallnöfer, 23.2.2023)

Kontra: Die Bremse bremst an der falschen Stelle
von Michael Windisch

Wohnraum ist in vielen Regionen Österreichs zu teuer, das steht außer Frage. Eine Mietpreisbremse mag das Problem kurzfristig kaschieren, unbehandelt lässt sie aber dessen strukturelle Ursache: zu wenig Wohnangebot. Können Mieten kaum mehr angepasst werden, verstärkt das den Anreiz, Immobilien erst gar nicht auf den Markt zu bringen. Der grassierende Leerstand nimmt dann weiter zu, Verknappung von Mietobjekten treibt die Preise an – wie in Berlin, das einen entsprechenden Deckel 2020 eingeführt hatte.

Langfristig nehmen Investoren von Neubauten Abstand. Werden dann gemeinnützige Gesellschaften und die öffentliche Hand einspringen und dringend benötigten Wohnraum schaffen? Wohl kaum. Wien etwa, die selbsternannte Hochburg des Gemeindebaus, begann erst 2015 wieder – nach über einem Jahrzehnt Pause – mit dem Neubau von Gemeindewohnungen. Mit dem enormen Bedarf kann dies keineswegs Schritt halten. Zudem schreibt die städtische Wohnungsverwaltung Jahr für Jahr über 800 Millionen Euro Verlust – was das Modell wenig attraktiv macht.

Was es braucht, sind daher Anreize für Private, in Baumaßnahmen zu investieren und Wohnungen nicht leer stehen zu lassen. Und keine Bremse, die den hochnotwendigen Wohnbau zum Stillstand bringen würde. (Michael Windisch, 23.2.2023)