Wer am helllichten Tag einer Küchenschabe gegenübersteht, muss einen massiven Befall befürchten.

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Oft fängt es mit einem harmlosen Aushang am schwarzen Brett eines Wohnhauses an. Darin werden die Bewohnerinnen und Bewohner darauf hingewiesen, dass in einer Wohnung in ihrem Haus Kakerlaken gesichtet wurden. Nun wird die Hausgemeinschaft darum gebeten, nach den eineinhalb Zentimeter großen Schaben Ausschau zu halten, die sich gern hinter den Küchenkästen oder unter dem Herd, rund um Geschirrspüler und Kühlschrank sowie im Bad oder auch auf der Toilette zu Hause fühlen.

Glaubt man Wiener Schädlingsbekämpfungsfirmen, gibt es solche Einsätze derzeit etwas häufiger – und das, obwohl Urlaubsreisen, von denen die Tiere gern als Souvenir mitgenommen werden, zumindest während der Corona-Pandemie seltener geworden sind. Warum es aktuell dennoch mehr Einsätze gibt, wissen Schädlingsbekämpferinnen und Schädlingsbekämpfer auch nicht so recht.

Schnelle Ausbreitung

Die schlechte Nachricht für die Hausgemeinschaft: Häufig ist es nicht nur eine einzelne Wohnung, die von den Tieren befallen ist und die von Profis behandelt werden muss, sondern gleich das ganze Haus. Die Küchenschaben bewegen sich unbemerkt über Kabelkanäle und Lüftungsschächte und breiten sich so schnell aus.

Klar ist außerdem: "Wenn man die Schaben schon am helllichten Tag sieht, hat man großen Befall", sagt der Wiener Schädlingsbekämpfer Christoph Kohsem. Normalerweise sind die Tiere nämlich nur in der Nacht unterwegs – und immer sofort blitzschnell weg, wenn jemand das Licht aufdreht. Für Laien ersichtliche Spuren hinterlassen die Tiere außerdem kaum.

Die Reaktion auf den Schabenbefall fällt unterschiedlich aus: Die einen brechen in einer solchen Situation in Panik aus, andere lassen die neuen Mitbewohner kalt, erzählen die Profis: "Die einen muss man besänftigen, die anderen sensibilisieren", sagt der Wiener Schädlingsbekämpfer Rainer Barath.

Wichtig sei, zu deeskalieren – aber auch, sich Zugang zu allen Wohnungen zu verschaffen, um dort Fallen auslegen und Inspektionen durchführen zu können.

Die Tiere sind in Wien bekämpfungs-, aber nicht meldepflichtig. Die Profis rücken ihnen zum Beispiel mittels Fraßgelen zu Leibe. Bis das Haus aber ungezieferfrei ist, vergehen oft Wochen und Monate, weil mehrere Entwicklungszyklen der Tiere abgewartet werden müssen.

Harmlose Waldschaben

Es geht aber noch viel schlimmer: In manchen Fällen sind es sogar Jahre und Jahrzehnte. Der Schädlingsbekämpfer Rainer Barath kennt Wiener Häuser, die seit 20 Jahren von der Orientalischen Schabe befallen sind, die unter den Gebäuden in der Kanalisation lebt und sich "nur alle heiligen Zeiten" im Haus blicken lässt. An gewisse Bereiche, in denen sich die Tiere vermehren, komme man nicht ran. Das erschwert die Bekämpfung.

Derzeit ist es witterungsbedingt unwahrscheinlich, im Sommer oder Herbst verirren sich bei Häusern in der Nähe von Wäldern aber auch harmlose Waldschaben ins Haus. Diese sehen Küchenschaben sehr ähnlich – sie wollen das Haus aber am liebsten schleunigst wieder verlassen. Mitunter gibt es auch Verwechslungen mit Laufkäfern, erzählt Barath: "Die meisten sehen den Unterschied nicht. Alles, was sechs Beine hat und Fühler, ist für sie eine Küchenschabe." (Franziska Zoidl, 1.3.2023)