Die gesellschaftlichen Veränderungen sollten sich auch in der Weiterbildung wiederfinden.
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Trotz pandemiebedingter Einschränkungen waren knapp 80 Prozent der Unternehmen mit mehr als zehn Mitarbeitenden auch im Jahr 2020 weiterbildungsaktiv. Das zeigt die sechste Erhebung über die berufliche Weiterbildung in Unternehmen (CVTS 6), für den in Österreich die Statistik Austria die Daten erhoben hat und der nun veröffentlicht wurde.

Zwar gehören österreichische Unternehmen nach wie vor zu den aktivsten, wenn es um betriebliche Weiterbildung geht, im Vergleich zur fünften Ausgabe gingen die Weiterbildungsaktivitäten aber um neun Prozent zurück. Auffällig ist auch der Rückgang bei der Teilnehmerquote. Rund jeder Dritte (34,9 Prozent) hat 2020 an betrieblichen Weiterbildungen teilgenommen, im Vergleichsjahr 2015 waren es noch gut 45 Prozent.

John Evers, seit seit Juni 2022 Generalsekretär des Verbands der österreichischen Volkshochschulen (VÖV).
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John Evers, Generalsekretär des Verbands österreichischer Volkshochschulen (VÖV), kritisiert einmal mehr, dass der Fokus bei der Erwachsenenbildung sehr stark auf die berufliche Bildung gelegt werde. "Dafür gibt es Förderungen durch das Arbeitsmarktservice." Ähnliche Fördermöglichkeiten würde er sich auch für allgemeine Weiterbildungsaktivitäten wünschen. Bildung habe aus Sicht der Volkshochschulen sehr stark mit gesellschaftlicher Teilhabe zu tun.

Möglichkeiten aufzeigen

Gemeinsam mit elf anderen europäischen Bildungseinrichtungen wurde ein neues Konzept für Erwachsenenbildung erarbeitet. Diese beinhaltet die Bereiche Digitalisierung, Basisbildung, aber auch Demokratie und Bildung. Dabei gehe es darum, was zur Teilnahme an Weiterbildung motiviert, wie Leute angesprochen werden können, die bisher nicht für Weiterbildung offen waren, aber auch, welche finanziellen Förderungen es brauchen würde, um mehr Menschen lebenslanges Lernen zu ermöglichen. Ergebnisse werden am 22. März in Wien vorgestellt.

Die Volkshochschulen sind einer der größten Träger von Basisbildung, also von Bildungsangeboten für grundlegende Fertigkeiten in Rechnen, Lesen und Schreiben. "Die Rückmeldungen, die wir von den Teilnehmenden dieser Kurse bekommen, sind, dass sie Bildung das erste Mal positiv erleben", sagt Evers, der jahrelang als Basisbildner aktiv war. Und während Menschen mit Migrationsgeschichte den Volkshochschulen "die Tür einrennen", seien bildungsbenachteiligte Menschen ohne Migrationshintergrund nur schwer für diese Angebote zu motivieren.

Zur Stärkung demokratischer Werte

Deshalb sei der Punkt Demokratie und Bildung bei der Erarbeitung eines neuen Bildungskonzepts für Erwachsene wichtig, ergänzt er. Denn dabei gehe es nicht nur darum, das politische System und seine Institutionen zu kennen oder Bescheid zu wissen, welche Grund- und Menschenrechte gelten, sondern auch um das Aufzeigen von Möglichkeiten zum Mitgestalten. Demokratiebildung sollte einem partizipativen Verständnis folgen, das an die Lebenswirklichkeiten der Teilnehmenden anknüpfe. "Unterschiedliche Teilnehmer brauchen ihnen entsprechende Angebote", ergänzt er.

Das partizipative Verständnis sollte sich aber auch in der Gestaltung der Lerninhalte wiederfinden. Als Beispiel nennt Evers eine demokratische Abstimmung bei möglichen Budgetmitteln im Rahmen der Weiterbildung. Diese partizipativen Elemente bei der Ausgestaltung der Kursangebote wären für ihn ein mögliches Kriterium für die Vergabe von Fördermitteln. Denn wie andere Erwachsenenbildungsinstitutionen fordert auch der VÖV ein Prozent des Bildungsbudgets für den Bereich Erwachsenenbildung.

Bildung sei ein Containerbegriff. "Alle Probleme des Alltags schwappen auch in den Kursalltag." Gleichzeitig mache aber das auch die Besonderheit in der allgemeinen Erwachsenenbildung aus. "Volkshochschulen sind ganz besondere Orte in unserer Gesellschaft, an denen sich Menschen begegnen, die sich sonst in dieser Form vielleicht nicht treffen würden." (Gudrun Ostermann, 1.3.2023)