Mittlerweile ist Georg Teigl wieder matchfit. Der Weg zurück war schwierig.

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Nicht nur Weltfußballer Lionel Messi wurde am Montag in Paris gewürdigt. Bei der Fifa-Gala zur Ehrung der besten Kicker und Kickerinnen des Jahres 2022 bekam auch Luka Lochoshvili seinen Applaus. Der Georgier wurde mit dem Fairplay-Award ausgezeichnet. Lochoshvili stand im Vorjahr in der österreichischen Bundesliga beim Wolfsberger AC unter Vertrag. In einem Spiel bei der Wiener Austria reagierte er geistesgegenwärtig, als Georg Teigl nach einem Zusammenprall zu Boden ging, und machte dem Austrianer die Atemwege frei.

Lochoshvili, mittlerweile in der Serie A bei US Cremonese engagiert, war per Videoschaltung in Paris zugeschaltet. "Ich möchte mich entschuldigen, dass ich nicht dabei sein kann, wir haben morgen ein Spiel", leitete der 24-Jährige seine Rede ein. "Das ist eine Riesenauszeichnung. Aber noch wichtiger ist, dass wir das Leben eines Spielers retten konnten." Ein Jahr später erinnert sich Georg Teigl im Gespräch mit dem STANDARD an den Vorfall.

STANDARD: Ich war damals in der Generali-Arena. So ein dramatisches Ereignis vergisst man nicht so schnell.

Teigl: Ich schon. Zumindest kann ich mich an den Vorfall auf dem Rasen nicht erinnern. Mein Gedächtnis setzt erst wieder in der Kabine ein. Alles war sehr ruhig. Ich wusste nicht, welcher Tag ist. Ich wusste nicht, gegen wen wir spielen. Ich habe nichts begriffen. Das war für die anderen schon ziemlich besorgniserregend.

STANDARD: Haben Sie sich die Bilder jemals angesehen?

Teigl: Ich habe nicht bewusst danach gesucht. Zwangsläufig stolpert man aber irgendwann drüber. Die Bilder kursieren in den sozialen Medien. Es fühlt sich surreal an.

Am 27. Februar 2022 ereigneten sich in der Wiener Generali-Arena dramatische Szenen.
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STANDARD: Wie schwer waren die Verletzungen?

Teigl: Sehr schwer. Es war eine offene Schädelfraktur. Auch mein Kiefer und der Jochbogen waren gebrochen. Das war schon eine zache Geschichte. So ein Gehirn erholt sich nicht wie ein Band oder ein Muskel. Aber es ist alles gutgegangen. Ich hatte Schutzengel.

STANDARD: Wie verliefen die ersten Wochen nach der Verletzung?

Teigl: Es war ein Reset. Ich durfte nichts machen. Ich durfte auf keinen Bildschirm schauen, ich durfte nichts lesen. Ich war mit dem Straßenverkehr überfordert. Ich musste alles in Zeitlupe machen, das war schon sehr schräg. Meine Frau war zum Glück immer für mich da.

STANDARD: Konnte man bleibende Schäden ausschließen?

Teigl: Am Anfang nicht. Es hat sich aber bereits nach einigen Tagen gezeigt, dass keine Entzündungen im Gehirn vorliegen. Da waren die Ärzte doch sehr zuversichtlich, da gab es Entwarnung.

STANDARD: Hatten Sie Sorgen um Ihre Karriere als Fußballprofi?

Teigl: An so etwas denkt man in solchen Momenten gar nicht. Ich wollte nur wieder gesund werden. Ich hatte mehr Angst um mein Leben als um meine Karriere.

Luka Lochoshvili wurde am Montag in Paris gewürdigt.
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STANDARD: Seit August sind Sie wieder matchfit. Können Sie das Geschehene ausblenden?

Teigl: Mittlerweile schon. Am Anfang war das periphere Sehen eingeschränkt. Man muss sich die Furchtlosigkeit erst wieder erarbeiten. Das klingt jetzt vielleicht blöd, aber man muss sich wieder an die Geschwindigkeit des Balles gewöhnen. Der Kopf muss begreifen, dass es schnell geht. Man muss sich Zeit geben.

STANDARD: Sind Sie mit Luka Lochoshvili in Kontakt? Wie sehr verbindet so ein Vorfall?

Teigl: Das ist jetzt nicht die Bromance, die Sie sich vielleicht erhoffen. Ich habe mich bedankt. Auch bei Christopher Wernitznig, den sollte man nicht vergessen. Beide haben die Situation erkannt und selbstlos reagiert. Meine Mutter hat sich auch bedankt. So haben wir gehandelt. Mehr erwartet er sich gar nicht. Ich freue mich, dass er diese Auszeichnung von der Fifa bekommen hat. Die hat er sich verdient. Er hat das Richtige getan. Ich empfinde Dankbarkeit.

STANDARD: Immerhin haben Sie ihn in den Finger gebissen, das schweißt zusammen.

Teigl: Ja, wir sind quasi Blutsbrüder.

STANDARD: Lochoshvili spielt mittlerweile in Italien. Ist das Kapitel Ausland für Sie abgeschlossen?

Teigl: Meine Frau und ich schätzen Wien, eine unglaublich lebenswerte Stadt. Die Austria ist ein toller Verein. Wir haben Wurzeln geschlagen.

STANDARD: Ihre Frau Karin Teigl ist eine erfolgreiche Geschäftsfrau, hat hunderttausende Follower auf Instagram. Wer ist der größere Star?

Teigl: Tja, mittlerweile sie. Das hat sich gedreht. (Philip Bauer, 28.2.2023)