Der aktuelle ORF-Sport – ein Sujet aus der Signation.

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Hannes Aigelsreiter ist neuer Hauptabteilungsleiter Sport im ORF.

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Seit Dienstag ist seine Bestellung offiziell, als fix galt sie bereits seit vielen Wochen: Der bisherige ORF-Radiochefredakteur Hannes Aigelsreiter, im April wird er 59, leitet nun die Hauptabteilungsleitung Sport im ORF. Die mit regelmäßig 100 Millionen Euro und mehr dotierte budgetstärkste Programmabteilung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks hat einige Herausforderungen zu bieten.

ORF ohne Sport Plus

Als Aigelsreiter und zwölf andere ihre Bewerbung für den Job Anfang Jänner abgaben, hatte ORF-General Roland Weißmann dem Spartenkanal ORF Sport Plus noch kein Ablaufdatum verpasst. Die Einstellung ist Teil des großen Sparpakets im ORF, das Medienministerin Susanne Raab (ÖVP) als Bedingung für eine Haushaltsabgabe statt der GIS forderte.

Das Ende des linearen Sportkanals stellt die bisher verlässliche Partnerschaft des ORF mit Sportarten und Verbänden abseits der Premiumliga von Ski, Formel 1 und Fußball auf eine schwere Probe. Einzelne dieser Verbände – wie Handball oder Volleyball – brauchen lineare Produktionspartner, um überhaupt in europäischen Ligen mitspielen zu können, sagen Kenner der Materie.

Zwar sollen Inhalte von ORF Sport Plus künftig in ORF 1 zu sehen sein, um dort Kaufserien zu ersetzen. Fraglich nur, ob Amateurverbände etwa untertags spielen wollen oder können, womöglich gar unter der Woche, wenn auf ORF 1 relativ einfach Sendeplatz wäre.

Die "Krone" hat sich schon – publizistisch – in Stellung gebracht: Das Boulevardmedium mit starkem Sportfokus will laut "Krone"-Geschäftsführer Gerhard Valeskini bei einer Einstellung von ORF Sport Plus für Ersatz sorgen.

Sport-Streaming

Geplantes ORF-Entlastungsgerinne Nummer zwei für ORF Sport Plus ist laut ORF-Überlegungen Streaming. Für Streaming ohne Rundfunk-Ausstrahlung braucht der ORF allerdings grundsätzlich ein neues ORF-Gesetz – an dem gerade verhandelt wird. Eine sogenannte Digitalnovelle mit mehr Möglichkeiten im Streaming für den ORF wird mit der künftigen ORF-Finanzierung mitverhandelt.

Eine solche größere Streamingplattform für Breitensport muss der ORF-Sport aufbauen und organisieren, wenn er denn eigens für online produzieren darf. Derzeit laufen Videobeiträge etwa auf sport.orf.at/newsroom. Und natürlich zum Rundfunk-Nachsehen in der TVthek.

Rechte-Fragen

Große Sportrechteverhandlungen stehen, soweit absehbar, nicht unmittelbar an, und dafür hat der ORF-Sportchefs ja zwei Profis als Stellvertreter.

Die großen Skirechte, für die ORF-Quoten ein entscheidendes Feld, dürften alpin wie nordisch bis 2026 oder darüber hinaus gesichert sein. Der Welt-Skiverband FIS allerdings arbeitet an einer zentralen Vermarktung von Medienrechten, das könnte noch für neue Herausforderungen sorgen. Bisher kauft der ORF national im großen Paket – und kümmert sich dafür auch um Junioren und andere weniger aufmerksamkeitsstarke Bewerbe.

In der Formel 1 ist der ORF inzwischen Juniorpartner des in den vergangenen Jahren bei Sportrechten sehr investitionsfreudigen Servus TV aus dem Red-Bull-Konzern. Servus TV hat sich die Rechte bis 2026 gesichert und zeigt sie – bisher jedenfalls – im Zusammenspiel mit dem ORF.

Geteiltes Nationalteam

Die TV-Rechte am Nationalteam muss sich der ORF inzwischen mit Servus TV teilen. Der Red-Bull-Sender hat sich die Rechte an den Fußballeuropameisterschaften 2024 und 2028 gesichert.

Für Katar 2022, da hatte der ORF noch die Rechte, und für die EM 2024 in Deutschland vereinbarten ORF und Servus TV eine Aufteilung der Livespiele.

Fußball-WM 2026 und 2025 zu holen

Die Fußballweltmeisterschaft der Männer 2026 ist nach Auskunft aus dem ORF noch nicht vergeben – sie dürfte demnächst ausgeschrieben werden. Ebenfalls auf der To-do-Liste des neuen Sportchefs oder seines eingearbeiteten Stellvertreters Martin Szerencsi: die Fußballweltmeisterschaft der Frauen 2025.

Für Champions League und Europa League hat der ORF nicht mehr mitgeboten. "Das ist für uns nicht mehr darstellbar gewesen", sagte der bisherige ORF-Sportchef Hans Peter Trost zuletzt im STANDARD-Interview. Der Pay-Anbieter Canal+ hat zuletzt sogar Servus TV ausgestochen und sich Topspiele der Champions League, Europa League und Europa Conference League für Österreich gesichert.

Die Rechte an der Fußballbundesliga (Männer) liegen noch bis Ende der Saison 2025/26 bei der Pay-Plattform Sky.

Journalist im Sport

Die Bestellung des langjährigen Radiojournalisten Aigelsreiters – die Entscheidung fiel gegen langjährige Sport-Profis wie die zwei bisherigen Vizes im ORF-Sport, Martin Szerencsi und Robert Waleczka, ORF-Sport-Plus-Chefin Veronika Dragon-Berger oder Thomas Trukesitz (früher Sky) – wurde intern unter anderem mit der Idee begründet, dass der ORF-Sport journalistischer arbeiten solle.

Der neue Job für Aigelsreiter eröffnete in seinem bisherigen Betätigungsfeld mehr Möglichkeiten zur Neugestaltung: Die 2022 im neuen ORF-Newsroom zusammengesetzten Redaktionen von TV, Radio, Online und Social Media sollen nach den ersten örtlich gemeinsamen Monaten auch eine neue Führungsstruktur bekommen.

Zusammengesetzt wurden sie im Sommer 2022 mit den drei bisherigen Chefredakteuren für TV (Matthias Schrom, im November nach einer Chat-Affäre zurückgetreten und ebenfalls Bewerber für den Sport), Radio (Aigelsreiter) und Online (Christian Staudinger). Nun wird eine neue Führung mit zwei Chefredakteuren diskutiert, die nicht mehr Medien zugeordnet werden. (fid, 2.3.2023)