Die Botschaft hör ich wohl, allein mir fehlt der Glaube: Es fällt schwer, sich dem Optimismus anzuschließen, den Rafael Grossi, Generaldirektor der IAEA, der internationalen Atomenergiebehörde, nach seiner Heimkehr aus Teheran zu versprühen versuchte. Der Iran habe nicht einfach nur versprochen, wie hundert Mal vorher, das sagte Grossi nicht dazu, die volle Zusammenarbeit mit der IAEA zur Überwachung und Aufklärung seines Atomprogramms aufzunehmen. Vielmehr gebe es eine beiderseitige Einigung, die nur ihrer technischen Ausarbeitung und Umsetzung harre.

Das jedoch ist der schwierigste Teil. Verbales Entgegenkommen, gerade ein paar Tage vor einer Sitzung des IAEA-Gouverneursrats, reicht nicht. Zu oft hat Teheran schon zugesagt, alle offenen Fragen beantworten zu wollen.

Es fällt schwer, sich dem Optimismus, den IAEA-Generaldirektor Rafael Grossi versprüht, anzuschließen.
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Seitdem bekannt ist, dass im Iran Partikel von auf 83,7 Prozent angereichertem – also fast waffenfähigem – Uran gefunden wurden, ist Feuer am Dach. Oder sollte es zumindest sein. Durch den Ukrainekrieg abgelenkt, will man vielleicht nicht sehen, dass sich da ein möglicher neuer Krieg zusammenbraut, der den ganzen Nahen Osten explodieren lassen könnte.

"Dass ein bereits latenter Krieg auf eine neue Eskalationsstufe klettert, ist eine reale Gefahr."

Fast möchte man Irans Erklärung Glauben schenken, die 84 Prozent seien ein ungeplanter Ausreißer nach oben. Denn die Iraner wissen, dass Israel nicht dabei zuschauen wird, wie die iranische Urananreicherung auf eine noch höhere Stufe klettert als die jetzt schon viel zu hohe. Es ist zwar schwer vorstellbar, dass eine israelische Regierung ohne Zustimmung der USA militärisch offen zuschlägt: auch diese nicht, die in vielerlei Belangen auf die Meinung aus Washington pfeift. Aber auch die USA kommen unter Zugzwang, wenn nicht eine Wende eintritt. Dass ein bereits latenter Krieg auf eine neue Eskalationsstufe klettert, ist eine reale Gefahr – inklusive iranischer Reaktionen weltweit, nicht nur in den Staaten, in denen iranische Stellvertretergruppen eine wichtige Rolle spielen.

Immer neue Provokationen

Das Wiener Atomabkommen von 2015, das die iranische Anreicherung beschränkte, wurde nicht von iranischer Seite, sondern von US-Präsident Donald Trump gesprengt. Aber Teheran pokert zu hoch, wenn es durch immer neue Provokationen erreichen will, dass die Partner des Wiener Abkommens alle iranischen Bedingungen akzeptieren, nur um wieder zu irgendeinem Deal zurückkehren zu können. Vielleicht hat sich diese Einsicht auch in Teheran gerade noch rechtzeitig durchgesetzt. Man will es nur nicht recht glauben. (Gudrun Harrer, 6.3.2023)